radiohörer - der blog für radiofans
Sonntag, 16. August 2015
"Wieder Warten lernen" Ein Plädoyer für einen Zwischenzustand (!!!)
Von Ole Frahm und Torsten Michaelsen

Das Warten verschwindet. Im eng getakteten Alltag werden die Wartezeiten kürzer und der verbliebene Rest wird durch Smartphones, Angry Birds oder - wie in den U-Bahnen - durch Bildschirme mit aktuellen Nachrichten vertrieben. Langeweile soll nicht aufkommen. Dabei haben Theoretiker wie Walter Benjamin, Siegfried Kracauer und Martin Heidegger Ende der 1920er Jahre ausgerechnet Warten und Langeweile als ein Mittel empfohlen, im Angesicht der Weltwirtschaftskrise wieder handlungsfähig zu werden. Die Mitglieder des Künstlerkollektivs LIGNA, Ole Frahm und Torsten Michaelsen, empfehlen deshalb, das Warten erneut einzuüben und beginnen damit gleich in dieser Sendung. Das beinhaltet selbstverständlich eine Gymnastik (eine klassische, aber kaum noch gepflegte Radioform), denn der Körper muss Haltungen einnehmen können, die ihn lange in erstarrter Balance halten. Das Warten auf die oder den Geliebten, in dem sich unerträgliche Ungeduld und unendliches Genießen vereinen, kommt ebenso zu Wort, wie Menschen, die unfreiwillig warten: die Flüchtlinge. Sie warten darauf, aufgenommen zu werden. Während die Asylanwärter gezwungen werden nichts zu tun, beutet die Kreativindustrie selbst noch das Faulenzen als Ressource aus. So wird jenes spezielle Warten eliminiert, das sich selbst vergisst, ein Warten, von dem Maurice Blanchot sagte, es mache erst das Unerwartete vorstellbar.
Wieder Warten lernen


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