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Mittwoch, 19. August 2015
"Die Abflussrohre spuckten ihre Eisblöcke wie abgelutschte Bonbons auf den Gehsteig" Variationen über die Zeit (!!!)
Hörspiel von Ingo Schulze
Menschen in Momenten des Glücks oder des schicksalhaft unglücklich verlaufenden Missverständnisses, Menschen an den Kreuzungslinien von Zufall oder eingebettet in Traditionen und Erinnerungen - diese Menschen, ob in Sankt Petersburg, in Altenburg, Berlin oder Rom suchen ihre Orientierung in der Konfrontation mit den so einfachen wie gewichtigen Dingen des Lebens: Liebe und Freundschaft. Sie tragen die Erfahrung der deutschen Wiedervereinigung in sich; das Geschehen spielt von den 1990er-Jahren bis in die Gegenwart. Zusammen mit der Musik, die von Anton von Webern bis zu John Cage oder Howard Skempton reicht, gespielt vom Ensemble Modern, ersteht eine Korrespondenz von prosaischer wie musikalischer Erzählung. Sie lässt die Geschehnisse nach 1990 plötzlich wie eine Fortsetzung von Erfahrungen aufleuchten, die seit den avantgardistischen Strömungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihren künstlerischen Ausdruck suchen. "Die ausgewählten Kompositionen für Ingo Schulzes Hörstück spannen einen Bogen der letzten 100 Jahre musikalische Zeitgenossenschaft. Weberns kurze Cellostücke von 1914 werden in einen modernen Zusammenhang eines Gespräches zur Gentechnologie gestellt, Johnsons aparte konzeptionelle Harfe-Klavier Duos aus den 80iger Jahren dienen als musikalische Gedankenstriche zu literarischen Überlegungen zum Zeitfluß. Sogar die "freien" 60iger Jahre scheinen auf, wenn sich Sprachfetzen der Darsteller mit musikalischen Motiven aus Cardew "autumn 60" mischen. Die nahezu rein akustischen Module Kretzschmars schaffen ein Bindemittel dramaturgischer Bedeutungen, ein Wechselspiel von Musik und Text stellt sich ein." (Hermann Kretzschmar) Ingo Schulze, geboren 1962 in Dresden, lebt in Berlin. Mit seinen Prosaarbeiten und seinen zeitkritischen Essays gilt er als eine der wichtigsten Stimmen der deutschen Literatur nach 1990. Auszeichnungen: Alfred-Döblin-Förderpreis und Aspekte Literaturpreis (1995), Preis der Leipziger Buchmesse (2007), Bertolt-Brecht-Preis (2013). Mit: Judith Engel, Thomas Thieme und Sylvester Groth sowie dem Ensemble Modern mit Valentin Garvie: Trompete; Johannes Schwarz: Fagott; Michael M. Kasper: Violoncello; Ueli Wiget: Harfe; Rainer Römer: Woodblocks, Snare, Vibraphon, Pauke; Hermann Kretzschmar: Klavier, Sampler Komposition: John Cage. Cornelius Cardew, Hans Werner Henze, Tom Johnson, Hermann Kretzschmar, Erwin Schulhoff, Howard Skempton, Anton von Webern Regie: Hermann Kretzschmar (Produktion: SWR/Ensemble Modern 2015) Die Abflussrohre spuckten ihre Eisblöcke wie abgelutschte Bonbons auf den Gehsteig In Flac |