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Samstag, 31. Oktober 2015
GREAT BLACK MUSIC – ANCIENT TO THE FUTURE!
JACK DEJOHNETTE / ROSCOE MITCHELL / MATTHEW GARRISON
Als 1966 unter dem Titel "Sound" das erste Solo-Album des Saxophonisten Roscoe Mitchell herauskam, war damit zugleich ein Manifest der AACM-Ästhetik geschaffen: Stille und Pausen wurden plötzlich ebenso wichtig wie Töne und Klänge. Hier setzte jemand dem konventionellen Free Jazz-Ideal einer riskanten Kakophonie das Konzept eines penibel organisierten Klangraums entgegen. Melodische Themen tauchen darin eher zufällig auf, expressive Soli – oft Vehikel persönlicher Selbstentgrenzung – fehlen fast vollständig. Stattdessen erhalten einzelne Noten oder kürzelhafte Phrasen völlig neues Gewicht.

Mit dieser musikalischen Vision sollte die Chicagoer AACM die Vorherrschaft von New York im Jazz nachhaltig in Frage stellen. Während dort zeitgleich "New Thing"-Vertreter wie der Pianist Cecil Taylor oder der Saxophonist Archie Shepp den „Energie-Gedanken“ im Jazz stark machten und auf eine Art "kinetische Kraft" in ihren Improvisationen vertrauten, ging es den Chicagoer Musikern vor allem um Fragen einer homogenen Sound-Architektur.

1967 formierte Mitchell mit seinen Chicagoer Weggefährten Lester Bowie, Joseph Jarman und Malachi Favors das Roscoe Mitchell Art Ensemble, schon bald einfach Art Ensemble genannt, bevor die Gruppe 1969 endgültig zu ihrem Markennamen Art Ensemble of Chicago fand. Das Kollektiv trat in afrikanischen Gewändern und mit Gesichtsbe-malung auf und emanzipierte die sog. "little instruments" – kleine afrikanische Geräuscherzeuger – als vollwertige Musikinstrumente, um damit Perkussionsteppiche und Klangflächen zu schaffen. Neben seiner Mitwirkung im Art Ensemble of Chicago erprobte Mitchell in unzähligen Duo- und Solo-Einspielungen seine eruptiven Klangkaskaden, die sich – girlandengleich – zu immer neuen hypnotischen Mustern formen.

"Ich denke, ich spreche auch für meine Kollegen, wenn ich sage, dass wir unsere Musik für Menschen mit freiem Geist, mit offenen Ohren und keinerlei Berührungsängsten spielen, es ist schöpferische Musik – mit dem nötigen Ernst geschaffen und aufgeführt." Das Credo des Schlagzeugers Jack DeJohnette, der mit Mitchell bereits Anfang der 60er in einer Schulband am Wison Junior College in Chicago jammte, gilt für die gesamte Karriere des 72-Jährigen. Anders als seine AACM-Kollegen ging DeJohnette 1966 nach New York, um bald darauf in den Bands von Charles Lloyd, Keith Jarrett, Bill Evans und Miles Davis zu trommeln. DeJohnette entwickelte sich in der Folgezeit zu einem der vielseitigsten und feinnervigsten Drummer des modernen Jazz. Jetzt kehrt er zu seinen Wurzeln an der Chicagoer South Side zurück, indem er sich erneut mit seinem früheren Dialog-Partner Mitchell zusammenrauft.

Das neue Trio, das auf dem Deutschen Jazzfestival Frankfurt seine Weltpremiere feiert, wird durch den Bassisten Matthew Garrison komplettiert. Ihm war die Jazzkarriere dank seines Vaters Jimmy – Bassist im legendären John Coltrane Quartet – schon in die Wiege gelegt. Nach dem Tod seines Vaters wanderte die Familie nach Italien aus, wo Garrison Bass- und Piano-Unterricht erhielt. 1988 kehrte er in die USA zurück und lebte für zwei Jahre im Haus von Jack DeJohnette, der ihn mit den Entwicklungen im zeitgenössischen Jazz vertraut machte. Matthew Garrison entwickelte sich schnell zu einem Virtuosen am E-Bass. In seinem Spiel amalgamiert er Einflüsse aus Jazz, Funk, World Music, Ambient und Drum’n’Bass. Kein Wunder, dass er in den letzten Jahren immer wieder in den Bands von Herbie Hancock, John McLaughlin, Chaka Khan, John Scofield, Paul Simon, Joni Mitchell und Pat Metheny mitwirkte.

Anlässlich ihres 50-jährigen Jubiläums hat sich die AACM einen neuen Claim gesetzt: "Together – A Power Stronger Than Itself". Das Trio von Jack DeJohnette, Roscoe Mitchell und Matthew Garrison lässt ihn im Konzert Wirklichkeit werden.
JACK DEJOHNETTE / ROSCOE MITCHELL / MATTHEW GARRISON In Flac

Jack DeJohnette | dr, p
Roscoe Mitchell | reeds
Matthew Garrison | el-b


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