radiohörer - der blog für radiofans
Montag, 26. Januar 2015
"Weniger ist mehr" Americana & die Rückkehr des Desert Blues
Mit Jay Rutledge

Groß bekannt wurde das Indiefolk Trio The Be Good Tanyas aus Vancouver nie. Dabei hatte ihr überaus charmanter Sound durchaus Momente, wo es schien, als wäre plötzlich alles möglich. Jetzt führt zumindest ein Mitglied des Trios den reduzierten Indiebluegrass Sound weiter: Frazey Ford. Mit ins Boot holt sie sich die Hi Rhythm Section aus Memphis. Wir hören die Musik ihrer Brüder und Schwestern im Geiste: Jolie Holland, Neil Young oder Townes van Zandt. Aber auch einige schwerer ein zuordnende Gestalten wie Raz Ohara, the Dead Combo aus Lissabon oder Djazia Satour aus Paris sind zu Gast in der Nachtsession. Und am Ende warten dann noch zwei Musiker aus Mali mit neuen Alben auf: Boubacar Traore und Samba Toure. Beide klingen als weilte der König des desert Blues - Ali Farka Toure - plötzlich wieder unter uns.
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Weniger ist mehr

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Playback: Traffic "Steve Winwoods beste Idee"
Mit Roderich Fabian

Als Sänger der Spencer Davis Group war Steve Winwood schon ein Star, als er 1967 mit Musikern aus seiner Heimatstadt Birmingham (England) die Band "Traffic" gründete. Nach psychedelischen Anfängen entwickelte sich die Gruppe um Windwood, den singenden Drummer Jim Capaldi und den Saxophonisten Chris Wood, allmählich zu einer sehr kompetenten Jazzrockband, die schließlich auch mit Musikern der legendären "Muscle Shoals Rhythm Section" zusammenarbeitete, um den Sound von Traffic zu perfektionieren, bevor er 1974 sanft implodierte und sowohl Winwood als auch Capaldi in Solo-Karrieren entließ.
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Traffic

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Die besten Tage kommen noch - der amerikanische Musiker Thurston Moore
Von Paul Baskerville

Thurston Moore war nie prominent wie ein Popstar, aber in der Welt des sog. Alternative Rock ist er schon seit Anfang der 80er-Jahre ein Faktor. Er gilt als einer der wichtigsten Musiker seiner Generation, seit er mit der New Yorker Band Sonic Youth den Punk auf ein anderes Niveau gehoben hat. Die liebenswerte Einfachheit des Punk war zwar Ende der 70er-Jahre recht erfrischend gewesen, aber man vermisste Wege, ihn zu entwickeln, ohne die Exzesse des Progressive Rock zu wiederholen. Man erfand Begriffe wie Noise-Rock, Art-Punk oder Post-Punk, um die Musik von Sonic Youth zu beschreiben. Es gab 15 Alben der Band, bevor die Musiker 2009 eine Auszeit ankündigten. Der simple Grund für die Unterbrechung war Thurston Moores Trennung von seiner Frau Kim Gordon, nach 27 Jahren Ehe. Sie war von Anfang an bei Sonic Youth dabei gewesen. Moore und Gordon waren im künstlerischen Sinne so etwas wie die Jagger/Richards des amerikanischen Untergrunds. Wie sollten sie nach der Trennung weiter zusammenarbeiten? Thurston Moore fand einen Weg. Er hatte bereits zwei Soloalben gemacht, als Sonic Youth noch aktiv waren, also war es ein natürlicher Schritt, ein weiteres zu produzieren. 2014 erschien das Album 'The Best Day': Ein leicht ironischer Albumtitel, denn welcher 56-jährige Künstler rechnet noch mit seinem besten Lebensabschnitt? Aber es geht unaufhörlich voran.
Thurston Moore

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My favourite things - Das Universum der Dinge
Von Burkhard Reinartz
Sie umzingeln den Menschen und vermehren sich ins Unermessliche. Im Haushalt, in der Freizeit, im Arbeitsalltag breitet sich das Universum der Dinge aus: Flachbildschirme, Bücher, Regenschirme, Schuhe, Smartphones, Blumenvasen und Kondome. Kaum jemand kennt den Ursprung der Dinge, und niemand weiß, wohin sie verschwinden.

Ihre Produktion und Entsorgung vollzieht sich im Dunkel von Vorstadtzonen und fernen Kontinenten. Immer neue Dinge entstehen, während andere wie Telefonzellen oder Analogkameras im Nirwana des Vergessens verschwinden. Menschen haben ein intimes Verhältnis zu ihren ganz persönlichen Schätzen. Ein Buch, eine Vase, ein Stofftier können zu Wegbegleitern werden und haben nebenbei eine identitätsstiftende Wirkung: Zeige mir deine Wohnung - und ich sage dir, wer du bist. Nicht nur archaische Kulturen, auch moderne Menschen erhoffen sich von bestimmten Dingen eine magische Wirkung. Sei es ein Porsche oder ein glücksbringender Handschmeichler.
Das Universum der Dinge

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"Wo der Fluss Geschichten schreibt"
Eine Lange Nacht über Menschen und Musik im Mississippi-Delta
Von Michael Groth
Er ist, gemeinsam mit seinem Hauptarm, dem Missouri, der längste Strom der Welt: der Mississippi. Er windet sich von Norden nach Süden durch die USA. Nach rund zwei Dritteln seines 4.300 Meilen langen Wegs erreicht er Memphis – und wenig später das Delta. Mark Twain hat die Gegend bereist, Tennessee Williams verbrachte hier prägende Jugendjahre.
Das Delta ist nicht die Gegend, in der der "Old Man River"-Fluss in den Golf von Mexiko mündet. Dieses Delta beschreibt einen Teil des Bundesstaates Mississippi – vom Fluss aus 80 Kilometer östlich ins Innere, auf einer Nord-Süd-Achse von rund 200 Kilometern. Im Delta steht die musikalische Wiege der Südstaaten – Musik, von den Sklaven aus Afrika mitgebracht, als Gospel in die Kirchen befördert, und im Blues schließlich auf den Straßen und Klubs gelandet.
Eine Lange Nacht über Orte, an denen diese Musik entstand; Begegnungen mit Menschen, die sich um ein Erbe kümmern, mit Musikern, die bis heute den Blues leben und spielen.
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Wo der Fluss Geschichten schreibt

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Sonntag, 25. Januar 2015
"Von München bis Bakersfield" Musik von Alvaro bis Cracker
Mit Karl Bruckmaier

In Anlehnung an den Titel des aktuellen Cracker-Albums "Berkeley to Bakersfield" gibt sich diese Nachtmix-Ausgabe einer Musik hin, die zwar meist aus good old Munich - oder wenigstens Bavaria - stammt, aber deren Wurzeln weit zurück in der Zeit und weit hinüber ins gelobte Pop-Land Amerika (Nord und Süd) reichen, seien es diverse Cumbias vom Bodensee (Alvaro) oder Giesings Höhen (G.Rag), seien es die verspulten Instrumental-Tracks von The Notwist.
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Von München bis Bakersfield

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The Köln Concert – Keith Jarrett
Heute vor 40 Jahren: Eintrittspreis 16,50 DM, 23 Uhr Spätvorstellung in der Oper Köln - Keith Jarrett, Piano solo. Der Künstler ist vollkommen übernächtigt und schlecht gelaunt, sein Instrument unzureichend, und nur weil ihn die Veranstalterin beschwört aufzutreten, geht er auf die Bühne. Das Konzert wird mitgeschnitten - und zur bestverkauften Jazzaufnahme aller Zeiten.
Die Auflage hat die 4-Millionen-Marke erreicht, dicht gefolgt von Miles Davis "Kind of Blue" (1959), Dave Brubeck "Time Out" (1959) und Herbie Hancock "Headhunters" (1973). Im Gegensatz zu jenen ist der jazz-historische Rang von "Köln Concert", freundlich ausgedrückt, umstritten. Jarrett selbst kokettierte in einem Interview, die Aufnahme vernichten lassen zu wollen (konkrete Schritte blieben freilich aus), sind ihm doch davor (z. B. Bremen, 1973) und danach weitaus bessere Konzerte im selben Format gelungen: allein am Klavier.

Nichts davon hat den Sturmlauf dieses Albums aufhalten können; es wird gehört, geliebt, gehasst, seziert. Die Musik taucht in Kontexten auf, an die der Künstler in verwegensten Träumen nicht gedacht haben dürfte: als Souvenir, bei Beerdigungen, in Filmen und Romanen, ja sogar in New Age-Zirkeln.

WDR 3 Das Konzert stellt das klingende "Köln Concert" in den Vordergrund und streift seine unglaubliche Wirkungsgeschichte, u. a. durch Wortmeldungen des Jarrett-Biografen Ian Carr (1933-2009) und des britischen Musikwissenschaftlers Peter Elsdon, der ein kluges Buch darüber geschrieben hat.
The Köln Concert In Flac

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Eberhard Weber zum 75. Geburtstag
von Michael Rüsenberg
Dieser Mann ist, in den Worten seines Freundes Volker Kriegel (1943-2003), unbedingt "eine Einzelanfertigung".
Er hat mit seinem unverwechselbaren Bass-Spiel europäische Jazzgeschichte mitgestaltet, von den frühen Tagen bei Wolfgang Dauner und Volker Kriegel, über seine eigene Gruppe Colours (1975-82), das United Jazz + Rock Ensemble,Jan Garbarek (1982-2007) und er hat mit Ralph Towner, Bill Frisell, Gary Burton gearbeitet.
Und doch hat Eberhard Weber immer wieder betont, gar nicht dazuzugehören, als sei er über Jahrzehnte im falschen Film gewesen. "Es hat mich gereizt, in diesem falschen Film so aufzutreten, dass man sagt 'Der passt zwar da nicht unbedingt rein, aber - interessant!‘"
Seit April 2007, als ihn ein Schlaganfall ereilte, kann er nicht mehr spielen, 2009 erhielt er den "Albert-Mangelsdorff-Preis". Am 22. Januar 2015 wird Eberhard Weber 75 Jahre alt.
Und in diesen Tagen erscheint, auch das ein Unikum für einen deutschen Jazzmusiker, seine Autobiografie: "Résumé - Eine deutsche Jazz-Geschichte". Das ist es in der Tat!
Eberhard Weber

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"Retro Nuevo" Historische Sounds - Hochaktuell
Mit Thomas Meinecke

Klassiker der erweiterten Club-Musik in faksimilierten Neuauflagen, ganz legal in Lizenz nachgepresst oder auch in neuen Zusammenstellungen für die Nachgeborenen. Mit Move D, dem Heidelberger, der heutzutage so besonders aktiv ist, dem obskuren Akt Liberty City aus Florida, gefeierten Helden wie Jovonn oder den Burrrell Twins aus New York, Claude Young und K.Hand aus Detroit oder Mike Dunn und Jamal Moss aus Chicago, der als Hieroglyphic Being einen ganz eigenen Weg geht. Dazu elf Minuten Traffic als Teaser für das Playback am Sonntag.
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Retro Nuevo

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"Sergej Rachmaninow – Musik für 2 Klaviere"
Martha Argerich im Zusammenspiel mit Lilya Zilberstein und Gabriela Montero
Die Pianistin Martha Argerich tritt nicht mehr als Solistin auf, sondern im Zusammenspiel mit jüngeren Kolleginnen. Auf einer neu erschienen Doppel-CD spielt sie mit Gabriela Montero und Lilya Zilberstein Stücke für zwei Klaviere von Sergej Rachmaninow. Wilfried Schäper stellt das Album mit den Liveaufnahmen vor.
Die gebürtige Argentinierin Martha Argerich gilt als eine der bedeutendsten Klavierkünstlerinnen unserer Zeit. Schon als 16-jährige gewann sie den berühmten Busoni-Wettbewerb in Bozen, danach auch den internationalen Chopin-Wettbewerb in Warschau. Argerich verfügt über eine phänomenale und mühelose Klaviertechnik, und ihr Temperament am Instrument ist legendär.
Seit vielen Jahren tritt Martha Argerich nicht mehr als Solistin auf, dafür liebt sie aber das gemeinsame Musizieren in der Kammermusik oder an zwei Klavieren. Auf einer neuen Doppel-CD ist die Pianistin im Zusammenspiel mit jüngeren Kolleginnen wie Gabriela Montero oder Lilya Zilberstein zu erleben, mit der sie schon lange ein Klavierduo bildet.
Im Mittelpunkt der Liveaufnahmen vom "Progetto Martha Argerich" in Lugano stehen Stücke für zwei Klaviere von Sergej Rachmaninow.
playliste10432 (pdf, 16 KB)
Sergej Rachmaninow – Musik für 2 Klaviere

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