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Donnerstag, 15. Januar 2015
Die geheimen Isolierungslager der DDR
Von Patrick H. Waldthaler
Noch im Herbst 1989 wollte die SED-Führung 85.939 Bürger der DDR in Lager sperren. Sie hatte das Ministerium für Staatssicherheit mit konkreten Planungen beauftragt, Oppositionelle, Kirchenvertreter oder Nichtwähler im Fall „einer inneren Krise, einer Spannungsperiode“ binnen 24 Stunden zu verhaften und in spezielle Objekte zu bringen - in Burgen, Schulungsheime oder Ferienlager. Diese Objekte sollten mit Stacheldraht und Wachtürmen umgeben werden und als Isolierungslager das ganze Land überziehen. Dass diese Pläne überhaupt öffentlich wurden, ist den Bürgerrechtlern zu verdanken, die im Winter 1989/90 die ersten Stasi-Dienststellen besetzten. Die geheimen Isolierungslager der DDR Regie: Wolfgang Rindfleisch Produktion: MDR 2015 - Ursendung - profil [51]: Georg Katzer
Georg Katzer lässt sich auf nichts festlegen, auf keine Spielart, keinen Stil, kein Konzept. Seine Domäne liegt dort, wo wechselnde Ideen, Funktionen und Ansprüche gefragt sind.
Mit den modernen musikalisch-technischen Errungenschaften vertraut, klassisch gebildet und naturwissenschaftlich begabt, bedient er letztlich jedes Genre, jeden Zusammenhang ernstzunehmender Musik. Auffällig der Reichtum an Erfindungen, die Freizügigkeit der seriellen und darüber hinausgehenden Klangorganisation, die wie durchlüftet erscheint. Als ein nahezu grenzenloses Experimentierfeld fasst er den weiten Bereich medialer Produktions- und Verarbeitungstechniken auf, die elektroakustische Klangerzeugung so sehr wie die Möglichkeiten der Koppelung von instrumentaler und elektroakustischer Musik. Auf diesem Terrain testet der Künstler nach wie vor eigene Verfahren und Formen durch - die Frucht sind absolut hörenswerte Arbeiten. Die Sendung geht dieser kompositorischen Vielfalt nach und ist dem Komponisten zu seinem 80. Geburtstag am 10. Januar 2015 gewidmet. Moderation: Stefan Amzoll Georg Katzer "Restriktionsfreie Zone" Freejazz made in GDR
Von Jürgen Balitzki
Regie: Holger Kuhla Mit: Lars Rudolph, Antje Weber Ton: Martin Seelig Produktion: RBB 2014 Ein lautstarkes Segment aus dem DDR-Kulturleben hatte Weltniveau: Freejazz. Diese kollektiv erzeugte, zügellose Kraft überragte nicht nur stilistisch den Mainstream, sondern funktionierte auch als musikalische Gegenwehr und latente politische Provokation. Zwischen 1973 und 1982 wurde das Spreewaldstädtchen Peitz mit einem privat organisierten Festival zum DDR-Mekka des Freejazz. Dort traf sich die Elite des freien Spiels mit ihresgleichen aus Ost- und Westeuropa - u.a. Saxofonist Luten Petrowsky, Pianist Ulli Gumpert, Posaunist Conny Bauer und Schlagzeuger Günter Baby Sommer. Sie sind heute jenseits der 70 und immer noch aktiv. Restriktionsfreie Zone Jürgen Balitzki, in Berlin 1948 geboren, Buch- und Feature-Autor, war u. a. Musikjournalist bei DT 64, Chefredakteur der Musikzeitung NMI, Redakteur und Moderator beim ORB und Feature-Redakteur beim RBB-Kulturradio. Zuletzt: 'Beat und Propaganda - die frühen Jahre des DDR-Jugendsenders DT64' (RBB 2014). "Past Present Future" Musik von Jefferson Airplane, Perfume Genius & Liam Hayes
Mit Roderich Fabian
Musikalisch kann man schon von einer neuen Hippie-Generation sprechen, die sich in Künstlern wie einem Dänen, der sich "The Migrant" nennt, manifestiert. Grund genug, sich an Hippie-Urgestein wie The Jefferson Airplane zu erinnern. Und es gibt auch neue Existenzialisten wie den Amerikaner, der sich "Perfume Genius" nennt und sein Innerstes nach außen kehrt. Vorbild dürfte hier Antony (Hegarty) and the Johnsons sein. Und der Btite, der sich Diagrams nennt, pflegt auch eher verträumten Eskapismus, genau wie der Amerikaner, der tatsächlich Liam Hayes heißt und rockt wie The Who 1966. Playlist Past Present Future 13.1.2015 "Die Versuchung des heiligen Antonius" Von Gustave Flaubert
Eine uralte Geschichte, und doch topaktuell: Der permanenten massiven Ablenkung und Zerstreuung kann heute keiner mehr entgehen, und auch in der "Versuchung des heiligen Antonius" ist das die zentrale Thematik.
Nur: Was für Gustave Flaubert noch Traum und Phantasie war, ist heute die alltägliche mediale Parallelwelt. Der "echte" Antonius, Eremit und wunderheilender Märtyrer, lebte etwa 300 nach Christus. Er ging als Vater der Mönche und Heiliger in die Geschichte ein. Als der französische Dichter Gustave Flaubert (1821-80) mit dem Schreiben der "Versuchung des heiligen Antonius" begann, hatte der Stoff bereits eine 1000-jährige Erfolgsgeschichte hinter sich. Kaum ein Thema faszinierte Künstler europäischer Herkunft so nachhaltig wie diese Geschichte des Einsiedlers und seiner Prüfungen. Flauberts Antonius ist dabei alles andere als heldenhaft – er ist ein Mensch, der Enthaltsamkeit sucht und doch von Neugierde und Sehnsüchten geplagt wird. Die Festigkeit seines Glaubens wird bedroht durch virtuelle Welten, erregte Halluzinationen und ausschweifende Traumbilder, die das Hörspiel sehr filmisch und aufwändig in Szene setzt. Produktion: WDR 2015 Regie: Jörg Diernberger Redaktion: Christina Hänsel Die Versuchung des heiligen Antonius Jörg Diernberger DIE VERSUCHUNG DES HEILIGEN ANTONIUS ist sein zweites Hörspiel für den WDR. Mit Redakteurin Christina Hänsel entstand 2013 das Debüt „BRAVE NEUE WELT“ – ein "äußerst fruchtbares Zusammentreffen von Hörspiel und Comedy" (Rafik Will, FUNK KORRESPONDENZ II 2013). Der Autor, Regisseur und Produzent arbeitete mit Christoph Schlingensief an der Berliner Volksbühne, entwickelte und realisierte mit Christian Ulmen erfolgreich TV Formate und Charaktere für MTV und ZDF neo. Neben der Hörspielproduktion arbeitete er als Gitarrist (u.a. "MOBY DICK", Instrumentalmusik, Burgtheater, Wien) Mit Andreas Fröhlich, Timmo Niesner, Martin Engler, Sabine Arnhold, Lilith Stangenberg Blue Monday "Musik von Boxed In, Oscar & The Wolf und Madlib"
Mit Ralf Summer
Erste Entdeckungen, letzte Nachzügler: Zu den Überhörten des Jahres 2014 gehören Oscar & The Wolf aus Belgien, die mit dem emotionalen Indie-Pop ihres Debüts namens "Entity" auch Fans von The XX oder Empire Of The Sun gefallen könnten. Bereits sein 13. Album veröffentlichte der englisch-kanadische Songwriter John Southworth - "Niagara" wurde überraschend - aber zurecht - "Album Des Jahres 2014" im deutschen Rolling Stone - es klingt stellenweise nach Randy Newman und Timber Timbre. Weitgehend ohne Beachtung blieb die letzte Maxi des HipHop-Duos Freddie Gibbs & Madlib aus L.A. - herrliche Rap-Instrumentals zwischen Rap, Soul und Jazz. Frisch aus 2015 dagegen der feine Erstling des Briten Oli Bayston, der sich Boxed In nennt. Er hat für einen Hot Chip-Ableger Songs geschrieben, mit dem Kate Tempest-Produzenten gearbeitet und nun mit "Boxed In" ein intensives Werk vorgelegt, das seinen Lieblinngs-Genres Krautrock und House frönt, sie aber auf Indie-Pop überträgt. Außerdem dabei: The Sound (die in den 80ern aktiv waren), Plantains (aus dem Soundtrack zum empfehlenswerten Kinofilm "#Zeitgeist") und Romare, der im Februar sein erstes Album rausbringt. Playlist Blue Monday 12.1.2015 "Fingerpickin" Der Gitarrist Wes Montgomery
Glaubt man der Kritik, dann war Wes Montgomery die beste Sache, die der Jazzgitarre nach Charlie Christian passieren konnte. Aber er selbst war immer deprimiert über sein Spiel – wen wundert's, wurde er doch schnell Opfer einer Vermarktung, die ihn kommerzielle Songs spielen ließ.
"Er mag seine Soli nicht, aber alle anderen lieben sie", notierte ein verzweifelter Produzent über den hartnäckig-selbstkritischen Gitarristen, der regelmäßig bei Plattenaufnahmen einen zweiten Take eines Stückes verlangte, das er einige Minuten zuvor exzellent eingespielt hatte. Das hatte jedoch auch sein Gutes, wenn er Chorus auf Chorus mit dem Daumen – er benutzte kein Plektrum - brillante Melodielinien entwickelte und mit seiner innovativen Oktaventechnik bestach. Und auch im Pop-Jazz, den ihm Jazzfans und Kritiker ankreiden, spielte Montgomery noch eine wichtige Rolle als Erbe Charlie Christians. WDR 3 Jazz mit Aufnahmen des Gitarristen mit Wynton Kelly, Vic Feldman, Johnny Griffin und den Montgomery Brothers. Moderation: Hans W. Ewert Wes Montgomery "Holly Cole" Konzertmitschnitt vom 28. Januar 1996, Moments, Bremen
Seit ihrem Auftritt beim "Women in (e)motion"-Festival kommt die kanadische Sängerin gern nach Bremen zurück. Sie hat eine sehr wandlungsfähige Stimme und ein breites Repertoire. Im Januar 1996 trat sie wieder einmal im Moments Club auf und begeisterte ihr Publikum. Wir senden einen Ausschnitt aus diesem Konzert.
Big in Japan Das galt zunächst auch für Holly Cole. Ihre Fassung des Filmsongs "Calling You" hatte der kanadischen Sängerin dort zu enormer Popularität verholfen. Derweil war das "Holly Cole Trio" zum Beispiel in den USA trotz CD-Veröffentlichungen auf dem angesehenen Jazzlabel Blue Note ein Insider-Thema geblieben. Vieles änderte sich mit dem Holly Cole-Album "Temptation", das 1995 erschien. Die Sammlung origineller Interpretationen von Songs aus dem Werk von Tom Waits bescherte der begnadeten Vokalistin auch in Europa viel Aufmerksamkeit. Im Januar 1996 reiste sie erstmals über den großen Teich, geladen vom hiesigen "Women in (e)motion"-Festival. Holly Cole Mittwoch, 14. Januar 2015
"Die Privatisierung der Depression" Mark Fisher, Hauntology und der kapitalistische Realismus (!!!)
Von Florian Fricke
Was hat Karl Marx mit der aktuellen Popmusik zu tun? Warum ist der Dubstep-Musiker Burial der Edward Hopper der Gegenwart? Warum drohen wir alle zu Jacks zu werden, diesem furchtbar gruseligen Jack aus dem Film "The Shining", wie ihn Jack Nicholson eindrücklich verkörpert hat? Mark Fisher weiß die Antworten. Der britische Kulturtheoretiker machte als Weggefährte von Simon Reynolds ("Retromania") mit seinem Blog "k-punk" auf sich aufmerksam. In seinem Essay "Kapitalistischer Realismus ohne Alternative?" untersuchte er die Auswirkungen des Neoliberalismus auf Psyche, Schule, Leben und Popkultur. Nun hat er in Großbritannien sein neues Buch "Ghosts of my Life" veröffentlicht. Er greift darin das von Jaques Derrida eingeführte Phänomen der Hauntology auf. Derrida beschrieb ursprünglich, dass Europa von den Geistern seiner Vergangenheit, dem Marxismus, auch in Zukunft noch heimgesucht werde - denn die sozialen Probleme würden im Kapitalismus eher mehr als weniger. Fisher überträgt dieses Konzept vom Marxismus auf die heutige Musiklandschaft. Seine These: Wir, das Fußvolk im kapitalistischen System, sind im Hamsterrad des ewigen Kreislaufs von Produktion und Konsum gefangen und können weder vor, noch zurück. Wir haben unsere Kreativität und unsere Zukunft verloren. Mark Fisher weist das an den Sackgassen auf, in die sich die Popkultur des 21. Jahrhunderts manövriert hat: die Krise des Pop und der Aufstieg des Neoliberalismus gehen Hand in Hand - eine bestechende, extrem spannende Gesellschaftsanalyse. Die Privatisierung der Depression "Entschleunigung '15" Musik von Federico Sanchez bis Richard Thompson
Mit Karl Bruckmaier
Nach all den besten, schönsten, wichtigsten Platten des vergangenen Jahres - nun ein paar Stücke ganz einfach guter Musik: Unaufgeregt, entspannend, trotzdem deep und fresh. Neu. Oder sehr alt wie eine japanische Wiederentdeckung aus den 80ern namens Salon Kitty. Oder Elliott Sharps famose Gitarrenplatte Haptikon von 2013. Der Münchner Sanchez vertont ein Kandinsky-Gedicht und Richard Thompson macht den Laden mit einem Stück aus seinem Familienalbum dicht. Playlist Entschleunigung '15 ... Ältere Stories
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