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Freitag, 10. Juni 2016
"Johnny Griffin Quartet" Konzertmitschnitt vom 6. März 1980, Mensa der Universität Bremen
Am 6. März 1980 gab das Johnny Griffin Quartet ein Konzert in der Mensa der Universität Bremen. Der "Little Giant" des Tenorsaxophons hatte sich in den späten 40er Jahren zum Bebop bekannt. Er war immer wieder für sogenannte "Saxophon-Battles" zu haben.
Einen exzellenten Ruf als technisch versierter, enorm kraftvoller Solist erwarb sich Johnny Griffin durch zahllose Sessions und Engagements. Dazu gehörte die Zusammenarbeit mit herausragenden Persönlichkeiten jener Ära, von Thelonious Monk über Art Blakey bis zu Aufnahmen mit Tenor-Kollegen wie John Coltrane, Hank Mobley und Eddie "Lockjaw" Davis. Eigene Alben entstanden mit schöner Regelmäßigkeit.

Versiertes Hardbop-Team
Seit 1963 lebte Johnny Griffin überwiegend in Europa, wo er bessere Arbeitsmöglichkeiten fand. Zur Zeit seiner Stippvisite in Bremen hatte er wieder in den USA Fuß gefasst. In der Uni-Mensa trat er mit einem versierten Hardbop-Team an: Pianist Ronnie Mathews, Bassist Ray Drummond und Drummer Kenny Washington.
Das Konzert wurde am 6. März 1980 von Radio Bremen aufgezeichnet.
Johnny Griffin Quartet

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Mittwoch, 8. Juni 2016
Alejandra Ribera
Sie kam mit ihrem Trio, Gitarrist Jean-Sébastien Williams und Bassist Nicolas Deutsch, in die Music Hall, Worpswede und zog mit ihrer Performance, ihrem Gesang und ihrer Musik das Publikum in ihren Bann.
Mitschnitt vom diesjährigen "Women-in-emotion"-Festival
Der Film "8 Mile"

Zur Musik fühlte sie sich schon in frühester Kindheit hingezogen. Mit ihrer Mutter sang Alejandra Ribera im Kirchenchor. Sie lernte Geige und Gitarre. Als Teenager fing sie an, erste Songs zu schreiben. Dann sah sie einen Film, der ihrem Leben eine entscheidende Richtung gab: "8 Mile", den eindringlichen Streifen mit Rap-Star Eminem. Er gab ihr das Vertrauen, dass auch sie sich mit ihren Talenten durchsetzen kann.

Alejandra Ribera ist gebürtige Kanadierin. Der Vater ist argentinischer Abstammung, die Mutter hat schottische Vorfahren. Aufgewachsen ist sie in Toronto. Seit geraumer Zeit lebt sie in der franko-kanadischen Metropole Montreal. Schon 2009 bot sich ihr die Gelegenheit, ein eigenes Album aufzunehmen. Damals war sie sich der stilistischen Richtung allerdings nicht so sicher. Deshalb betrachtet die Kanadierin das aktuelle, zweite Album "La Boca" als ihr eigentliches Debüt.
Licht am Ende des Tunnels

Sie singt auf Englisch, Spanisch und Französisch. Den Texten hört man an, dass Alejandra Ribera auch schwierige Zeiten durchlebt hat. Aber, wie sie selber sagt: "Jeder Song reflektiert das Licht am Ende des Tunnels". Das schwingt auch in ihrem hingebungsvollen, manchmal geradezu magischen Gesang mit. Musikalisch hat sie eine ganz eigene Balance gefunden zwischen Tiefe, Melancholie und Leichtigkeit, eingebettet in eine fein abgewogene Mischung aus Folk, Pop, Jazz und weltmusikalischen Bezügen. Die Facetten einer reifen, vielseitigen Singer/Songwriter-Persönlichkeit.
Alejandra Ribera

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"Los Lobos" Konzertmitschnitt vom 30. Juni 1987, Schauburg, Bremen
Der Titelsong des Albums "How Will The Wolf Survive?" aus dem Jahr 1985 beförderte Los Lobos zum ersten Mal in die oberen Tabellencharts und wurde auch von der Kritik hochgelobt. Anfang 1987 erschien das Nachfolgealbum "By the Light of the Moon", das den Erfolg der Band fortsetzte.
Stilistik aus mexikanischen Traditionen

Ihre Geschichte reicht zurück bis in die frühen siebziger Jahre in East Los Angeles. Ursprünglich waren "Die Wölfe" eine Formation mit regionalem Wirkungsradius, eingegrenzt durch ihre aus mexikanischen Traditionen genährte Stilistik. Nach und nach verschränkten David Hidalgo, César Rosas & Co. ihren Sound mit Elementen aus Rock, Pop und Blues.

Anfang der achtziger Jahre hörte man auch in Europa erstmals von dieser Roots-Band aus Südkalifornien. Als die mittlerweile zum Quintett angewachsene Gruppe schließlich auch in Bremen auftrat, war gerade das Album "By The Light Of The Moon" erschienen, koproduziert von T-Bone Burnett. In den Folgejahren wurde die Gruppe zunehmend experimentierfreudig. "Los Lobos" sind nach wie vor aktiv. Im vergangenen Jahr erschien mit "Gates Of Gold" ein weiteres Studiowerk.
Los Lobos

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Joachim Kühn / Émile Parisien Duo
10. Jazzdor Strasbourg-Berlin
Kesselhaus, Berlin
Aufzeichnung vom 01.06.2016

Joachim Kühn / Émile Parisien Duo:
Joachim Kühn, Klavier
Émile Parisien, Saxofon
Joachim Kühn / Émile Parisien Duo

Vom 31. Mai bis zum 3. Juni fand in Berlin das 10.JAZZDOR-Festival statt. Ein besonderes Festival, das über die Jahre Bands der aktuellen französischen Jazzszene erstmals in Deutschland präsentiert hat und zudem immer wieder deutsch-französische Festival-Produktionen initiiert. Zwei zentrale Persönlichkeiten des europäischen Jazz sorgten für einen der Höhepunkte bei der diesjährigen Jubiläumsausgabe: Joachim Kühn und Émile Parisien.

Der mittlerweile 72-jährige Pianist Joachim Kühn und der 33-jährige Saxofonist Émile Parisien begegnen sich trotz des großen Altersunterschiedes und vieler unterschiedlicher Spielerfahrungen auf Augenhöhe und verkörpern ein vergleichbares Energie-Level. "Wir fühlen uns musikalisch verwandt, unter anderem in im Umgang mit den Intervallen in der Musik ", betont Kühn, der in höchsten Tönen von seinem jüngeren Kollegen schwärmt.

Die beiden Musiker haben bereits im Quintett einige Konzerte gegeben, aber Ihr erstes Duo-Konzert fand nun also in Berlin statt. Die Weltpremiere im Kesselhaus der Berliner Kulturbrauerei am 1. Juni wurde zu einem intensiven Konzerterlebnis und offenbarte einen spannenden musikalischen Dialog.

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Nik Bärtsch's Ronin
Konzertsaal Die Glocke, Bremen
Aufzeichnung vom 22.04.2016
Bei der Jazzahead! in Bremen war die Schweiz in diesem Jahr das musikalische Partnerland. Neben einer prominent besetzten "Swiss Night" war auch das Gala-Konzert in der Hand von Schweizer Musikern. Headliner des 22.April in der "Glocke" war der Pianist Nik Bärtsch mit seinem Ensemble "Ronin".

Ronin ist eine Band, die sich in ihrem Klangbild sowohl an Kammermusik als auch an "Minimal Music" zeitgenössischer Elektronik und Clubsounds orientiert. Auch wenn die Band häufig auf Jazzbühnen präsentiert wird, geht die Musik von "Ronin" weit über den Jazzbegriff hinaus.

Es gibt viele improvisierte Parts in dieser Musik, doch ist es für die Hörer eine große Herausforderung zu erkennen, was hier tatsächlich im Moment entsteht und was bereits vorher komponiert wurde. Nik Bärtsch spielt gerne mit dem Verschwimmen und mit dem Verschwinden dieser Grenzen und Eindeutigkeiten.

Dennoch legt er großen Wert auf die Klarheit und die Unmittelbarkeit seiner Musik, die sich vor allem auf ihrer sich sukzessiv verändernden Rhythmik entwickelt. Davon ausgehend interessiert den Pianisten eine spiralförmige Entwicklung. Er mag es, "... wenn man immer wieder am gleichen Ort ankommt, aber gleichzeitig vorwärts geht."
Nik Bärtsch's Ronin

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Get Well Soon
Songtage Gera
Clubzentrum Comma
Aufzeichung vom 28.04.2016
Get Well Soon ist Konstantin Gropper. Oder ist Konstantin Gropper Get Well Soon? Selten sind ein Projekt und dessen Protagonist so miteinander verschmolzen, wie bei der (Beinah-)Ein-Mann-Band Get Well Soon. Die ersten (Pop-)Songs unter Get Well Soon veröffentlichte der 1982 geborene Konstantin Gropper 2005 auf einigen EPs. Dann arbeitete der klassisch ausgebildete Instrumentalist und Absolvent der Mannheimer Popakademie drei Jahre an seinem Debütalbum und veröffentlichte Rest Now, Weary Head! You Will Get Well Soon 2008. Eine Überraschung für all jene, die von dem damals 26jährigen noch nichts gehört hatten. Ein Durchbruch. „Meine Musik mag desillusioniert sein“, sagte Gropper zu seinem selbstproduzierten und nahezu allein aufgenommenen Erstlingswerk, „aber sie soll nicht desillusionieren.“ Und: „Eigentlich will ich nur Musik machen, die von der Norm abweicht, das ist mein Hauptziel.“ Und von der (Popmusik-)Norm weicht Groppers Musik auch fünf Alben später noch ab. Im Januar dieses Jahres erschien sein jüngstes Werk „Love“. Das verblüffendste daran ist, dass Konstantin Gropper aus seiner Klassik-Sozialisation immer noch überraschende wie spannende Inspirationen in seine Songs zu integrieren versteht. Songs, die auch in den Live-Varianten mit seiner Band begeistern.
Get Well Soon

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Sebastian Studnitzky "Memento"
Sebastian Studnitzky & "Memento"
Aufzeichnung vom 20.03.2016
Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin

Sebastian Studnitzky ist seit Jahren einer der aktivsten und vielseitigsten Jazzmusiker in Deutschland. Beim Konzert am 20.März im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie hat sich der Trompeter und Pianist einen Traum erfüllt: Er hat sein "Memento"-Projekt, für ein größeres Ensemble – mit fünf Streichern und fünf Holzbläsern, neu arrangiert.

Der Trompeter und Pianist Sebastian Studnitzky ist Mitglied von so renommierten Bands wie Mezzoforte oder von Nils Landgrens "Funk Unit" und hat auch unter eigenem Namen einige erfolgreiche Alben veröffentlicht. Beim Konzert am 20.März im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie hat er sich einen Traum erfüllt: Er hat sein "Memento"-Projekt, für ein größeres Ensemble – mit fünf Streichern und fünf Holzbläsern, neu arrangiert.

Die gespielte Musik baut auf wunderschönen Melodien und der gekonnten Fusion von Klassik und Jazz auf und schlägt dabei auch ein neues Kapitel auf: In einer Disziplin, die vor Jahrzehnten mal als "Third Stream" bezeichnet wurde, die aber auch ganz häufig nicht funktionierte. Bei diesem "Memento"-Projekt aber stimmt alles: die Übergänge von durchkomponierten und frei improvisierten Teilen, die Lockerheit sämtlicher Musiker und vor allem die gemeinsamen Klangvorstellungen und ein beeindruckender Sound. Der 20.März 2016 war ein magischer Abend und bot ein ganz besonderes intensives Konzerterlebnis.
Sebastian Studnitzky "Memento"

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Sonntag, 5. Juni 2016
Berliner Jazztage 1980: Russian Jazz: Ganelin Trio & ARSENAL
Aus der Reihe .. auf Wunsch hochgeladen .....

Auch heute genießt die lebendige russische Jazzszene im Rest der Welt vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit. In den 1970er und 80er Jahren wurde sie im Westen - wenn überhaupt - eher als exotisch wahrgenommen. Um so größer war das Erstaunen, als das Ganelin Trio 1980 bei den Berliner Jazztagen seinen Energie-geladenen, höchst virtuosen Free Jazz spielte, gefolgt von der 10-köpfigen Jazz Rock-Band ARSENAL um den Saxofonisten Alexeji Koslow.

Konzertmitschnitte vom 29. Oktober 1980, Philharmonie
Ganelin Trio & ARSENAL

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Dienstag, 31. Mai 2016
Harry Lachner: Ach, schöner Wahn! Musikalische Grenzerfahrungen
Musik und Wahnsinn sind sich näher, als man glauben möchte. Den Opernfreunden dürften die zahlreichen "Wahnsinnsarien" vertraut sein. Dieses "Irrewerden" ist ein dramaturgischer Aspekt innerhalb der Opernerzählungen vom Barock bis heute. Der Wahnsinn wird jedoch in jedem Genre - ob Klassik, Folk, Blues oder Pop - auf je andere Art und Weise reflektiert. Doch die Wurzeln des Außer-Sich-Seins stehen bereits am Anfang aller Musik. Sei es im archaischen Ritual des Schamanen, der sich und seine Hörer in Trance versetzt; sei es in der Tradition der Tarantellas und Folias in der südeuropäischen Folklore und in der Klassik. In der Popmusik wissen wir, dass der Sänger - der Erzähler - nicht verrückt ist. Meistens jedenfalls. In der Regel ist es ein mehr oder weniger überzeugendes, mehr oder weniger ironisch-kokettierendes Rollenspiel, bei dem die Musik zu einer Chiffre für ein mal bewegendes, mal irritierendes Entgrenzungsphänomen gerät. Diese Sendung versucht sich in einer Annäherung an eine Welt, die man in ihrer inneren Zerrissenheit, in ihrem Schmerz nur vage erahnen kann.
swr2-musikpassagen-20160529 (pdf, 233 KB)
Ach, schöner Wahn!

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Profil [56]: Luigi Nono
Die Entwicklung von Luigi Nonos letzter Schaffensphase steht in Abhängigkeit von der "Erfindung" der Live-Elektronik, jener musikalischen Idee und technischen Ermöglichung, Instrumentalklänge im Moment ihrer Entstehung elektronisch zu erweitern.
1980 begann Nono im Freiburger Experimentalstudio mit ersten Versuchen; daraus entstand eine außergewöhnlich intensive Zusammenarbeit: Bis 1989 realisierte Nono nahezu sein gesamtes Spätwerk in Freiburg. In Open Sounds sind Ausschnitte aus diesen Kompositionen zu hören. Über die Interpretation des elektronischen Parts dieser Werke sprechen die Klangregisseure André Richard und Reinhold Braig.
Luigi Nono
luigi nono (pdf, 56 KB) Manuskript
Luigi Nono:

Quando stanno morendo. Diario polacco n. 2 (1982) für drei Soprane, Alt, Flöte und Violoncello und Live-Elektronik

Risonanze erranti (1986/87) für Alt, Flöte, Tuba, Schlagzeug und Live-Elektronik

La lontananza nostalgica utopica futura für Violine, Tonband und Live-Elektronik (1988)
Moderation: Michael Rebhahn
Redaktion: Frank Hilberg

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