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Montag, 7. März 2016
"Hochtourig" Das Trio Full Blast mit Peter Brötzmann, Marino Pliakas und Michael Wertmüller beim Akut Festival in Mainz
Am Mikrofon: Julia Neupert
In ein paar Tagen feiert er seinen 75. Geburtstag - musikalische Geruhsamkeit ist von Peter Brötzmann nach wie vor nicht zu erwarten. Die konsequent kompromisslose Spielhaltung des Saxofonisten konnte man auch beim letztjährigen Akut-Festival erleben: Da war Brötzmann im mit den beiden Schweizern Marino Pliakas und Michael Wertmüller zu Gast. Im Frankfurter Hof agierten die drei gewohnt hochenergetisch zwischen Free Jazz und Hardcore, zwischen rasend komplexen rhythmischen Strukturen und freiem Power-Play, zwischen repetitiven Formen und plötzlichen Brüchen: Full Blast! Trio Full Blast Gabriel García Márquez: "Revolutionäre Pflicht zum guten Schreiben"
Von Tom Noga
Die Dankesrede für seinen Nobelpreis für Literatur 1982 nannte Gabriel García Márquez (1927 - 2014) in Anspielung auf seinen Bestseller "Die Einsamkeit Lateinamerikas". Mit dem Titel "100 Jahre Einsamkeit" war er 15 Jahre zuvor über Nacht weltberühmt geworden. Es beschrieb das Trauma des Subkontinents, das darin liegt von der so genannten ersten Welt wahlweise bevormundet und ignoriert zu werden. Vor allem aber brachte es das literarische Schaffen des 1927 in Aracataca, im Hinterland der kolumbianischen Karibikküste geborenen und 2014 in Mexico City verstorbenen Schriftstellers auf einen Nenner: Die Einsamkeit Lateinamerikas und seiner Bewohner. In 15 Romanen, sechs Erzählbänden, drei Reportagen, einer Kurzgeschichte, einer Autobiografie und je einem Drehbuch und Theaterstück hat Gabriel García Márquez dem Subkontinent eine Stimme gegeben und gleichzeitig unser Südamerikabild geprägt. Wie kein anderer Schriftsteller vor ihm war er aber auch Pop-Star und Weltgewissen. Er war mit dem Mächtigen seine Zeit befreundet, mit Bill Clinton, François Mitterand, Felipe González und vor allem mit Fidel Castro, dessen Revolution er bis zuletzt die Treue hielt. Und blieb gleichzeitig tief verwurzelt in seiner karibischen Heimat. weiter lesen ... Gabriel García Márquez Donnerstag, 3. März 2016
"Ola Onabulé" Eine Stimme mit viel Charakter und Seele
Der Sänger Ola Onabulé wurde 1964 in London geboren, wuchs in Nigeria auf und kam zum Studieren wieder zurück nach England. Onabulé studierte zunächst Jura, gab währenddessen aber schon regelmäßig Konzerte und entschied sich bald für eine Karriere als Musiker.
Seit 20 Jahren nimmt Ola Onabulé mittlerweile Platten unter eigenem Namen auf, die seine große Liebe nicht nur zum Jazz, sondern auch zum Soul und zur afrikanischen Musik unterstreichen. Der charismatische Sänger wird auch in Deutschland immer präsenter und gefragter. Er spielte u.a. mit der WDR- und mit der SWR-Bigband und gastierte zudem mit unterschiedlichen Besetzungen auf großen Festivals weltweit - u.a. in Montreux oder beim Vancouver Festival in Kanada. Das diesjährige Konzert in Bremen war für Onabulé in mehrfacher Hinsicht eine besondere Erfahrung. Zum ersten Mal seit über zehn Jahren gab er wieder einmal ein Konzert im Duo (zusammen mit dem Pianisten Nick Flade). Und - zum ersten Mal überhaupt in seiner Karriere – sang er in einem komplett dunklen Saal, denn das Konzert am 5.2. fand in der Reihe "Konzerte im Dunklen" statt. Ola Onabulé präsentierte in diesem Umfeld Songs seines aktuellen Album "It's The Peace That Deafens" und sang diese Songs charaktervoll, beseelt und mit großer Intensität. Ein besonderer Abend – ein besonderes Konzert! Aufzeichnung vom 05.02.2016 Sendesaal Bremen Olu Onabulé Olu Onabulé, Gesang Nick Flade, Piano Mittwoch, 2. März 2016
"Sound of the Cities" Eine Lange Nacht über Provinzialität und Urbanität in der Popmusik
Von Philipp Krohn und Ole Löding
"Kneipen, Clubs, Theater, Galerien, Kunsthochschulen, Mode, bis hin zu Stripteaseclubs auf St. Pauli" - das alles habe die Musikszene von Hamburg befruchtet, sagt der Szenekenner Alfred Hilsberg. So ist es auch in vielen anderen Städten der Welt: London, New York, Stockholm, Paris, Wien oder Antwerpen. Die "Lange Nacht" führt an diese Orte und erforscht den Zusammenhang zwischen Städten, ihrer Subkultur, der Kulturindustrie, ihren Künstlern und ihrer Musiktradition. Der New Yorker Songschreiber John Sebastian erklärt, welche Wirkung die Rootsmusiker auf dem Washington Square Park in Greenwich Village auf junge Rockmusiker hatte. Die Antwerpener Avantgarderocker Stef Kamil Carlens und Rudy Trouvé erzählen von den lebendigen Tagen in der Subkultur Antwerpens in den 80er- und 90er-Jahren. Viele andere bekannte Musiker - von Irma Thomas und Billy Bragg bis zu Wolfgang Niedecken und Bertrand Burgalat - sprechen über den Einfluss von Stadt und Land auf ihre Musik. Doch am Ende stellt sich die Frage: Wenn Mieten immer teurer werden, wenn Rückzugsräume für Künstler schwinden, was bleibt dann noch von den kreativen Anstößen lokaler Szenen für die globale Popmusik? Sound of the Cities Von Philipp Krohn, Ole Löding Eine Popmusikalische Entdeckungsreise. 7 Länder, 24 Städte, 500 Songs, 150 Bands, Solokünstler und Popexperten. 2015 Rogner & Bernhard Wurde der Punk in London oder Detroit erfunden? Ist Liverpool wirklich die "Capital City of Pop"? Warum entstand der Grunge in Seattle? Philipp Krohn und Ole Löding glauben fest, dass Städte die Musik beeinflussen, die in ihnen entsteht. Ob Rock oder Pop, Soul oder Elektro. Auf der Suche nach Belegen für diese These haben sie Mitglieder von weltberühmten Bands wie The Velvet Underground, Genesis oder Einstürzende Neubauten ebenso befragt wie einflussreiche Produzenten, Nachwuchskünstler und Plattenladenbesitzer. In legendären Clubs und stickigen Backstageräumen, an historischen Plätzen und während persönlicher Stadtführungen, in Aufnahmestudios und Proberäumen haben sie sich von Musikern und Musikexperten ihre Stadt zeigen und erklären lassen. Playlists der 500 wichtigsten Songs und Adressen zentraler popmusikalischer Sehenswürdigkeiten ergänzen die Städteporträts. Ein Buch, das neben keiner Plattensammlung fehlen, darf eine einzigartige Mischung aus Popgeschichte, Erlebnisbericht, Reiseführer und Liebeserklärung an Musikmetropolen und ihren Sound. weiter lesen ... Sound of the Cities bei Facebook Sound of the Cities bei Twitter Sound of the Cities "Der Salzburger Lump!" Eine Lange Nacht über Mozart
Von Nora Bauer
Mozart, in ganz Europa gefeiert als Wunderkind, wurde als 35-Jähriger in einem Armengrab ohne Grabstein verscharrt. Er ist als authentische Person unter der Fülle von Informationen, Interpretationen und Mythen kaum noch auffindbar. Seine Werke, der Inbegriff des Schönen, des Vollkommenen, des Harmonischen, sind die meistgespielte, meistgeliebte Musik der Welt. Haben wir Platz für die Vorstellung, dass Mozart zu seinen Lebzeiten ein musikalischer Außenseiter war, ein "Neutöner", der mit den gesellschaftspolitisch brisanten Sujets seiner Opern schon bald sein adliges, unmusikalisches Publikum überforderte? Dass seine Musik seiner Zeit weit voraus war, voller Brüche und Disharmonien, dass er die musikalische Tradition zwar sich aneignete - diese aber zugleich weit übertraf? Dass Salieri ihn nicht vergiftet, sondern viel eher als herausragenden Kollegen erkannt und geschätzt hat? Dass er gar nicht immer arm gewesen ist? Leicht fiel ihm das Komponieren nicht, oft fühlte er das Scheitern. Er musste hart arbeiten und ringen um seine Töne. Die wichtigste Quelle, aus der sich das Authentische vielleicht noch herauslesen lässt sind Mozarts Briefe, die er an seinen Vater, seine Schwester, seine erste Liebe - seine Base, seine Frau Konstanze, seinen Logenbruder Puchberg, geschrieben hat. Und natürlich die Briefe an ihn, und die Berichte der Zeitgenossen - wie Josef Haydn, Lorenzo da Ponte: sie sind die Grundlage unserer Langen Nacht über Wolfgang Amadeus Mozart. weiter lesen ... Der Salzburger Lump! Dienstag, 1. März 2016
"Anawa - Der Seiltänzer" Eine Hommage an Marek Grechuta
12. transVOCALE
Kleist Forum, Frankfurt/Oder, Aufzeichnung vom 12.11.2015 "Anawa - Der Seiltänzer" Eine Hommage an Marek Grechuta Diana Ciecierska, Gesang Christian Haase, Gesang Inéz, Gesang Krzysztof Napiórkowski, Gesang Polnisch-deutsche Big Band Leitung: Michal Jurkiewicz Marek Grechuta dürfte hierzulande am ehesten aus seiner Zeit mit der polnischen Gruppe Anawa bekannt sein. Deren großer Hit 'Dni, których nie znamy' wurde Anfang der 70er-Jahre von Anawa - mit dem deutschen Text Kurt Demmlers - im DDR-Rundfunk als 'Wichtig sind Tage, die unbekannt sind' aufgenommen und erlangte in der DDR Kultstatus. Gerhard Gundermann schrieb später eine eigene Fassung des Liedes als 'Männer und Frauen'. Bis heute wird der am 10. Dezember 1945 geborene Marek Grechuta als einer der ganz großen Künstler Polens verehrt. Der studierte Architekt konnte sich neben seiner Tätigkeit als Komponist und Liedtexter auch als Maler und Dichter einen Namen machen. Er war Mitglied des berühmten Kabaret Piwnica pod Baranami - eines Zusammenschlusses von Autoren, Dichtern und Musikern. Marek Grechuta schrieb Theatermusik, vertonte Texte polnischer Dichter und veröffentlichte knapp 20 Alben, Singles und EPs. Vielfach ausgezeichnet gilt er als einer der wichtigsten Vertreter der sogenannten Gesungenen Poesie - einer seit Jahrzehnten in Osteuropa und vor allem in Polen weit verbreiteten Liedform, die den Text und seine Struktur in den Mittelpunkt stellt und sich dabei stilistisch in einem spannenden Mix aus Progressive Rock, Jazz, Pop-Chanson und Schlager bewegt - versetzt mit Anleihen bei Klassik, Improvisierter und Neuer Musik. Marek Grechuta, der am 9. Oktober 2006 gestorben ist, war ein Meister dieser Symbiosen. Gut zu hören an jenem Konzertabend zum Auftakt des 12. deutsch-polnischen Lieder-Festivals transVOCALE. Mit einem bestens aufgelegten polnisch-deutschen Ensemble aus vier Sängerinnen und Sängern sowie einer nur für diesen Abend zusammengestellten Big Band erklangen anlässlich des 70. Geburtstags Grechutas 17 Lieder aus seinem umfangreichen Repertoire. Ein stimmungsvolles Konzert im nahezu ausverkauften Großen Saal des Kleist Forums vor deutsch-polnischem Publikum. Marek Grechuta "Wie von Geisterhand" Ein Porträt des belgischen E-Pianisten Jozef Dumoulin
Von Karl Lippegaus
Anfangs wollte Harold Rhodes nur eine transportable Alternative zum Klavier erfinden, um Soldaten bei der US-Armee die Möglichkeit zum Musizieren zu garantieren. Bereits im Zweiten Weltkrieg tüftelte Rhodes an einem transportablen elektrischen Klavier. 1965 war endlich der Prototyp fertig, doch vergingen noch einmal Jahre, bis das Fender Rhodes E-Piano sich durchsetzte. Vor allem im Jazz - auf legendären Alben wie ‚Bitches Brew‘ von Miles Davis, bei Weather Report virtuos gespielt von Joe Zawinul, in Chick Coreas ‚Return to Forever‘ oder bei Herbie Hancocks ‚Headhunters‘. Das Rhodes-Piano prägte den Sound des Jazz-Rock wie kein anderes Instrument. Obwohl es nicht mehr gebaut wird und in den 80er-Jahren in Vergessenheit geriet, besteht seit etwa 20 Jahren eine große Nachfrage nach den alten Modellen. Pianisten wie Chick Corea oder auch George Duke, der faszinierendste Keyboardmann Frank Zappas, modifizierten den Fender-Rhodes-Sound durch Ringmodulator und andere Effektgeräte. Heutzutage ist der Belgier Jozef Dumoulin auf den Spuren der großen Vorgänger. Seine Rhodes-Klänge hängen manchmal in der Luft wie tiefe Wolken über einer endlosen Wasserfläche. Die gefühlvoll verzerrten Töne rauen glockenähnliche Akkorde auf und werden in Echtzeit vom Computer weiterbearbeitet. Dumoulin verbindet Soundscaping mit spontaner Improvisation und erforscht die Parameter von Klang, Raum und Zeit. Jozef Dumoulin Sonntag, 28. Februar 2016
"Die Suche nach dem Gold der Zeit" André Breton und der Surrealismus
Von Manfred Bauschulte
Nach dem Ersten Weltkrieg gründet der Dichter André Breton in Paris einen Kreis von Künstlern, die sich den Surrealismus auf die Fahnen schreiben. In ihren Manifesten fordern sie, die Welt und das Leben zu verändern. Als Motor der Avantgarde vertritt Breton die subversive Kraft der Liebe. Ein besonderes Kapitel der Surrealisten bildet ihr Umgang mit der Sexualität. André Breton: "Nadja", Nachwort von Karl H. Bohrer, aus dem Französischen von Bernd Schwibs, Suhrkamp Verlag: "Weder dynamisch noch statisch sehe ich die Schönheit, sondern so, wie ich dich gesehen habe. So wie ich gesehen habe, was zur festgesetzten Stunde und für eine festgesetzte Zeit - und ich hoffe und glaube mit ganzer Seele, dass sie sich noch einmal werden festsetzen lassen - dich mit mir harmonieren ließ." Nadja ist die Geschichte einer zufälligen Begegnung, die zugleich die Aktualisierung einer lange bestehenden, äußerst intensiven Bekanntschaft zu sein scheint. Nadja wird geschildert als eine junge Frau, die auf geheimnisvolle Weise mit dem Erzähler vertraut ist und sich rein intuitiv seinem Leben und seinen Gedanken nähert. Diese Erzählung, 1928 erschienen und 1963 vom Autor revidiert, gehört längst zu den Standardwerken des Surrealismus und ist eine "Basisschrift der klassischen Moderne" (Karl Heinz Bohrer). André Breton (1896 bis 1966) beschließt sie programmatisch mit einer berühmt gewordenen Definition der Schönheit: "Die Schönheit wird konklusiv sein oder sie wird nicht sein." weiter lesen ... Die Suche nach dem Gold der Zeit Miles Davis Live "Bitches Brew"
Miles Davis’ Auftritt beim Isle of Wight Festival am 29. August 1970 gehört sicher zu den bedeutendsten Momenten der Jazzgeschichte. Es war nicht einmal unbedingt die Musik, die den besonderen Zauber des Konzerts ausmachte, sondern die schiere Größe dieses Rockfestivals vor 600.000 Menschen.
Nur 38 Minuten dauerte der Auftritt, der das Rockpublikum auf der Isle of Wight zum Staunen brachte. Ein elektrisches Gebräu, über dem immer wieder Miles Davis mit seiner Trompete strahlende Akzente setzte. Dabei mochten seine Musiker die elektrischen Instrumente überhaupt nicht: Chick Corea sein Piano nicht, Keith Jarrett seine Orgel nicht, und Dave Holland seinen Bass nicht. Die Stücke dieses Auftritts stammten aus dem Material, das Davis ein paar Monate zuvor auf seinem Doppelalbum "Bitches Brew" veröffentlicht hatte. Miles Davis Live: Bitches Brew Miles Davis – tp, Gary Bartz – as, ss, Chick Corea – keyb, Keith Jarrett – e-organ, Dave Holland – b, Jack DeJohnette – dr, Airto Moreira – perc, cuica Aufnahme vom 29. August 1970 vom Isle of Wight-Festival Bitches Brew In Flac All depends on the sun + reversing into the future
"All depends on the sun"
Von: Silvia Ploner und Nicolas Perret Mit: Tuula Karpinen, Dr. Antti Kero, Dr. Unto K. Laine und Janne Särkelä Produktion: RN Creative Audio Unit 2015 Länge: 27’19 anschließend: "reversing into the future" Von: drøne - Mark Van Hoen & Mike Harding Autorenproduktion 2016 Länge: 20‘54 (Ursendung) All depends on the sun + reversing into the future In Flac Naturphänomen oder akustisches Phantasma: Können Polarlichter klingen? Am Himmel entfachen Polarlichter farbenprächtige Naturschauspiele. Seit der Antike gibt es aber auch Berichte von einem einzigartigen Klang, der das Phänomen begleitet. Wissenschaftlich lässt sich das nicht bestätigen. Polarlichter werden zwar von Infraschallwellen begleitet, die jedoch weit außerhalb des menschlichen Hörbereichs liegen. Silvia Ploner und Nicolas Perret sind gen Norden aufgebrochen, um die Natur dieses Klangphänomens zu erforschen. Mit Interviews, Klangsynthese, Feld- und Infraschallaufnahmen versuchen sie dem Naturschauspiel auf die Spur zu kommen. Silvia Ploner, geboren 1982 in Innichen/Italien und Nicolas Perret, geboren 1978 in Nizza/Frankreich arbeiten seit 2011 zusammen. Die beiden Klangkünstler und -forscher untersuchen unbekannte und mysteriöse Klangumgebungen und Klangphänomene. Zuletzt für Deutschlandradio Kultur: 'Nýey' (2014). ... Ältere Stories
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