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Sonntag, 15. November 2015
"Trash Eine Liebeserklärung" Von Markus Metz und Georg Seeßlen
Regie: Robert Steudtner
Produktion: DLF 2012 Trash ist ein populäres Kulturprodukt, das ökonomisch und in der feuilletonistischen Wertschätzung am unteren Ende der Skala angesiedelt ist. Dort unten hat Trash die Möglichkeit, sich so viele Freiheiten herauszunehmen, dass ganze Hierarchien auf den Kopf gestellt werden. Doch nicht jedes Pop-Produkt, das am unteren Ende der Produktionsskala angesiedelt ist, darf sich gleich mit dem Ehrentitel 'Trash' schmücken. Auch wenn ganze Genres als Trash bezeichnet werden, wie etwa Trash-Fernsehen oder Trash-Disco, ist das keine Garantie, echten, guten Trash zu erhalten. In einem Streifzug durch Musik, Comic, Film, Theater, Fernsehen und Presse scheidet das Feature daher edlen Trash vom bloßen Ramsch, beherzte Tabuverletzung vom 'So schlecht, dass es schon wieder gut ist' und hemmungslos unordentliches Fantasieren von dreistem Ideenklau. Dazu werden alte und neue Perlen der Trash-Kultur zitiert und Künstler und Kritiker in den Zeugenstand gerufen, bekennende Trash-Apologeten ebenso wie solche, denen man die Trash-Affinität gar nicht unbedingt zutraut. Trash Eine Liebeserklärung Omar, Hildur Gudnadottir Surround-Cello
Susanna Niedermayr
Musik, Raum, Zeit, Bewegung - das Zusammenspiel dieser vier Elemente hat die Cellistin und Komponistin Hildur Gudnadottir immer schon fasziniert. Seit geraumer Zeit arbeitet sie gemeinsam mit dem Instrumentenbauer Hans Johannsson an der Entwicklung eines neuen Instruments: Omar ist eine Art Surround-Cello mit eingebautem Filter-Chip, das über keinen eigenen Korpus verfügt, aber mit verschiedensten Resonanzkörpern verbunden werden kann. In ihrem Konzert in der Grazer Dreifaltigkeitskirche am letzten Tag des diesjährigen musikprotokolls traten der in ständig neuen Farben schillernde Klang von Omar und Gudnadottirs Stimme in einen intensiven Dialog. Omar, Hildur Gudnadottir Surround-Cello Samstag, 14. November 2015
"Kunst oder Schund" Junge Filmemacher erfinden den Sexfilm neu
Von Katrin Ohlendorf
Regie: Anna Panknin Pornografie ist allgegenwärtig, so eine gängige Diagnose unserer Zeit. Vor allem im Internet drängt sie sich auf, ob man will oder nicht. Vor einer Pornografisierung der Welt warnen deshalb Mahner, die Pornografie als unanständig, schädlich und sexistisch einstufen. Das Feature begleitet eine Gruppe aus der Kölner Off- und Kreativszene bei der Produktion und Vermarktung eines Pornofilms. Die jungen Filmemacher begreifen sich als Gegenbewegung zur gängigen Pornografie. Für sie ist nicht der Porno an sich das Problem, sondern seine Konventionen, die kommerzielle Entwicklung, die etwa mit langweiligen Klischees und zunehmender Brutalisierung einhergeht. Jenseits vom etablierten Markt drehen sie nach eigenen Ansprüchen, als Darsteller und Regisseure, ohne Skript, aber mit Handlung, ohne Dogma, aber kritisch. Kann das funktionieren? Welche Rolle spielen für sie die Debatten der 70er-Jahre, können sie daran anknüpfen? Etabliert sich im Schatten der Pornoindustrie tatsächlich eine neue Filmsprache oder machen die neuen Pornografen es sich zu einfach? Eine Spurensuche in der neuen und der alten Welt der Pornografie. Kunst oder Schund "Jegliches hat seine Zeit" DDR-Schauspieler und –Regisseure vor und nach der Wende
Ein Feature von Ulrich Teusch
(hr 2015) Manfred Krug, Armin Mueller-Stahl, Angelica Domröse, Jutta Hoffmann – viele bekannte DDR-Schauspielerinnen und Schauspieler, auch Regisseure wie Egon Günther, haben ihrem Staat schon vor der Wende den Rücken gekehrt und sind in den Westen gegangen. Andere, wie Uwe Kockisch, Jaecki Schwarz oder der Regisseur Andreas Dresen, blieben bis zum Ende und konnten auch im wiedervereinten Deutschland ihre Karriere fortsetzen. Viele andere jedoch, unter ihnen etliche herausragende Künstler, haben den Umbruch 1989/90 nicht unbeschadet überstanden. Die Engagements blieben aus. Einstige Stars und Publikumslieblinge mussten sich mehr schlecht als recht durchschlagen, haben den Beruf gewechselt oder sich verbittert zurückgezogen. Im Westen des Landes sind sie kaum bekannt, ihre großen Filme drohen in Vergessenheit zu geraten. Im Feature von Ulrich Teusch erzählen DDR-Schauspieler und -Regisseure ihre Geschichte(n), berichten von ihrer künstlerischen Arbeit, auch von ihren politischen Erfahrungen vor und nach der Wende. Ein Blick zurück – ohne Zorn, ohne „Ostalgie“ und stets getragen von der Hoffnung, dass nicht alles vergebens war. Jegliches hat seine Zeit "ER+ICH: Leichenschmaus für Erich" von Helmut Hostnig
n diesem Stück hat der österreichische Lehrer, Radiomacher und Dokumentarfilmer Helmut Hostnig verschiedenste Stimmen, die Anekdoten aus ihrem Leben mit einem gewissen Erich erzählen und dabei auch etwas von sich selbst preisgeben, collagiert.
Wenn Sie schon immer wissen wollten, was für ein Bild sich Ihre Mitmenschen über Sie gemacht haben und machen könnten, dann müssten Sie beim Leichenschmaus nach Ihrer eigenen Beerdigung zugegen sein. Helmut Hostnig hat es gereizt, diese Unmöglichkeit akustisch hörbar zu machen. Zugleich will Hostnig mit "Er+Ich: Leichenschmaus für Erich" den Beweis führen, dass unser Ich immer ein konstruiertes ist, immer zugleich Ergebnis und Prozess. Nie wird es uns gelingen, das Fremdbild mit dem Bild, das wir uns von uns selbst machen, in Deckung zu bringen, aber bewusst oder unbewusst finden ständig Abstimmungsversuche statt. Diesen Erich gleichsam wie von jenseits des Grabes zu Wort kommen und Stellung nehmen zu lassen, war dem Autor ebenso ein Anliegen wie die Brüchigkeit von Ich-Identität aufzuzeigen. Helmut Hostnig: "Den Protagonisten sei für ihre Wortspenden und das in den Autor gesetzte Vertrauen gedankt". "ER+ICH: Leichenschmaus für Erich" von Helmut Hostnig wurde heuer beim 13. Leipziger Hörspielwettbewerb in der Kategorie "Beste Inszenierung" ausgezeichnet. Regie: Helmut Hostnig (Autorenproduktion im Auftrag des ORF 2015) ER+ICH: Leichenschmaus für Erich "Die Ursonate" Kurt Schwitters dadaistisches Lautgedicht
Feature von Matthias Haydn
Die "Ursonate" oder "Sonate in Urlauten" ist wohl das bekannteste Werk des 1887 in Hannover geborenen Künstlers Kurt Schwitters. Sie schwebt zwischen verschiedenen Kunstgattungen: sie ist Literatur, Musik, bildende Kunst und Performance. Kurt Schwitters arbeitet neun Jahre lang an seiner phonetischen Dichtung - inspiriert haben ihn Plakatgedichte von Raoul Hausmann. 1932 veröffentlicht Schwitters das Werk in der Nummer 24 seiner Zeitschrift "Merz". Im Sommer des gleichen Jahres baut er eine Hütte auf der norwegischen Insel Hjertøya um - dort wird er in Zukunft die Sommermonate verbringen. 1937 wandert der als "entartet" diffamierte Künstler sogar auf die Nordseeinsel aus. 60 Jahre später reist der Berliner Autor, Journalist und Künstler Wolfgang Müller nach Hjertøya. Er findet Kurt Schwitters' unversperrte Hütte und entdeckt darin zahlreiche Kunstwerke, die Schwitters dort zurückgelassen hatte. Eine andere Entdeckung fasziniert ihn noch mehr: er ist überzeugt, dass die vielen Stare von Hjertøya Schwitters Ursonate singen. Playlist Die Ursonate "Die Schönheit dieser Bücher ist unbeschreiblich"
Renata Schmidtkunz im Gespräch mit Katya Krausova, Film- und Fernsehproduzentin, Kulturmanagerin
"Es ist nicht mehr dieses gemeinsame Leben, diese gemeinsame Kultur" sagt Katya Krausova über das Judentum in Tschechien und der Slowakei heute. Das Schicksal führte sie zusammen - was sie fanden, waren zurückgelassene und fast vergessene alte Folianten, die einst das Herzstück der jüdischen Gemeinden in der Ost-Slowakei waren. Heute erinnern sie an eine längst untergegangene europäische Welt. Katya Krausova, die in London lebende Filmproduzentin, und Yuri Dojc, der in Kanada lebende Starfotograf, stammen beide aus slowakischen Familien von Holocaust-Überlebenden. 1968 schickten die Eltern sie in eine bessere Zukunft. 2005/06 kamen sie zurück, um einen Film und ein Buch über die alten Bücher und die noch lebenden Menschen, die sie lasen, zu machen. Im Gespräch mit Renata Schmidtkunz spricht Katya Krausova über diese Entdeckungsreise zu den "Last Folio", zum osteuropäischen Judentum und seiner bewegenden Geschichte durch die Wirrnisse des 20. Jahrhunderts. Die Schönheit dieser Bücher ist unbeschreiblich "Von der Lust, das Vertraute aus den Angeln zu heben"
Ein Porträt der Pianistin und Harmoniumspielerin Myra Melford Von Michael Engelbrecht
Lyrisches und Archaisches, Abstraktes und Folkloristisches - all das und mehr finden wir im Werk von Myra Melford. Bekannt wurde die 1957 geborene Pianistin Anfang der 90er-Jahre in der Downtown-Szene von New York. Ihre mühelose Verbindung von abstrakten Soundfeldern mit sinnlichen Jazzwurzeln verblüfft immer wieder. Sie schlägt Brücken zwischen Tradition und Moderne; zudem setzt sie sich auch mit den Klangmöglichkeiten auseinander, die ihr die außereuropäische Musik und nichtwestliche Kulturen bieten. So studierte sie für eines ihrer spannendsten Alben, 'The Image Of Your Body' (2006), das indische Harmonium bei einem Lehrer in Kalkutta. In der Folge achtete Myra Melford stets darauf, allen Zierat, alles Zitatenhafte aus ihrer Aneigung des Instruments zu verbannen. Es entstand ein Werk, das weit über vertraute Jazzmuster und die klassischen Zutaten indischer Meditationsmusik hinausging. Im jüngsten Projekt der Pianistin, 'Snowy Egret' (2015), geht es um nichts Geringeres als die Mythen des amerikanischen Kontinents. Aber wer wie Myra Melford die Bilder von Don Reich, Zen-Buddhismus und Gedichte von Rumi zu seinen Inspirationen zählt, braucht große Themen gewiss nicht zu scheuen! Myra Melford "Die besten Tage kommen noch" - der amerikanische Musiker Thurston Moore
Von Paul Baskerville
Thurston Moore war nie prominent wie ein Popstar, aber in der Welt des sogenannten Alternative Rock ist er schon seit Anfang der 80er-Jahre ein Faktor. Er gilt als einer der wichtigsten Musiker seiner Generation, seit er mit seiner New Yorker Band Sonic Youth den Punk auf ein anderes Niveau gehoben hat. Die liebenswerte Einfachheit des Punk war zwar Ende der 70er-Jahre recht erfrischend gewesen, aber man vermisste Wege, ihn zu entwickeln, ohne die Exzesse des Progressive Rock zu wiederholen. Man erfand Begriffe wie Noise-Rock, Art-Punk oder Post-Punk, um die Musik von Sonic Youth zu beschreiben. Es gab 15 Alben der Band, bevor die Musiker 2009 eine Auszeit ankündigten. Der simple Grund für die Unterbrechung war Thurston Moores Trennung von seiner Frau Kim Gordon, nach 27 Jahren Ehe. Sie war von Anfang an bei Sonic Youth dabei gewesen. Moore und Gordon waren im künstlerischen Sinne so etwas wie die Jagger/Richards des amerikanischen Untergrunds. Wie sollten sie nach der Trennung weiter zusammenarbeiten? Thurston Moore fand einen Weg. Er hatte bereits zwei Soloalben gemacht, als Sonic Youth noch aktiv war, also war es ein natürlicher Schritt, ein weiteres zu produzieren. 2014 erschien das Album 'The Best Day', ein leicht ironischer Albumtitel, denn welcher 56-jährige Künstler rechnet noch mit seinem besten Lebensabschnitt? Aber es geht unaufhörlich voran. Thurston Moore Elektronische Musik im Film (!!!)
Moderation: Reinhold Friedl
Film und elektroakustische Musik verbindet Einiges. Die Schnitttechniken, die ab den 50er Jahren für die Tonbandmusik so wichtig wurden, waren in der Filmtontechnik schon Jahrzehnte früher entwickelt worden. Den Begriff "Elektronische Musik" gab es noch nicht. Obwohl im Filmton elektronische Musik eingesetzt wurde: Man höre nur die Stromstöße, mit denen Frankenstein versucht seine künstlichen Geschöpfe zu beleben. Ab Mitte der 50er Jahre entstanden dann zahlreiche elektronische Musiken für Science Fiction-Filme, aber auch für Psycho-Thriller oder Horrorfilme. Einerseits illustrierten die neuen, futuristischen Klänge hervorragend merkwürdige Dinge wie UFO-Landungen oder psychotische Wahrnehmungen, andererseits vermischt sich elektronische Musik – selbst häufig geräuschhaft – hervorragend mit dem restlichen Filmsound, beispielsweise Maschinen- und Motoren- oder Windgeräuschen. Aber auch Roboter klingen elektronisch oder das elektrische Schiffe-versenken-Spiel in Kottan ermittelt. Mit Ausschnitten aus Filmen und Filmmusiken von: Oskar Sala, Veit Harlan, Dziga Vertov, Walter Ruttmann, Alfred Hitchcock, John Carpenter, Bernard Herrmann, Louis und Bebe Barron, Andrzej Markowski, Andreij Tarkowski, Arthur Honegger, Henk Badings, Vittorio Gelmetti, Michelangelo Antonioni, Monty Python, Bernard Parmegiani, Pierre Henry, Iannis Xenakis, Michel Fano, Alain Robbe-Grillet, … Und Filmen wie: Kottan ermittelt, Die Ritter der Kokosnuss, Les Shadoks, Frankenstein meets the Wolfman, Blade Runner, Halloween … Elektronische Musik im Film In Flac ... Ältere Stories
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