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Sonntag, 4. Oktober 2015
"Trauma Vietnam" Der Geiger Billy Bang im Porträt
Von Harry Lachner
Billy Bang selbst sprach von Dämonen, die ihn heimsuchten - jenen Erinnerungen an seine Zeit im Vietnam-Krieg. Mit der Musik versuchte er sie zu bannen, über das nach seiner Rückkehr neu erwachte Interesse am Jazz. Der Violinist hatte mit einer Vielzahl von Improvisationsmusikern gearbeitet: mit Don Cherry, Marilyn Crispell, Bill Laswell oder James Blood Ulmer; mehrere Jahre lang wirkte er in verschiedene Ensembles von Sun Ra. Doch es war schließlich sein Album "Vietnam: the Aftermath" aus dem Jahr 2001, mit dem er sich von dem Trauma lösen konnte: die Einbindung asiatischer Elemente in die Improvisation. Drei Jahre später schuf er mit "Vietnam: Reflections" eine weitere Verbindung von vietnamesischer Musik und Jazz - unter Mitarbeit einiger vietnamesischer Musiker. Bang, der 2011 im Alter von 63 Jahren starb, hatte auf der Geige eine völlig eigene Sprache entwickelt, die sein Spiel in jedem Moment erkennbar machte, und die ihre Ursprünge im Blues nicht verleugnen wollte. Playlist Billy Bang 1 Billy Bang 2 "Stimmen zur Zeit" aus den USA, England, Holland und Kanada
Mit Thomas Meinecke
Heute gibt es eine Stunde mit elaborierten, musikalischen Statements unter mehr als Zuhilfenahme der menschlichen Stimme: Wir werden Roisin Murphy und Georgia aus London singen hören, Bryan Ferry ebenfalls von dort, aber schon 1979, Dornik aus Croydon, ganz neu, Sumy 1983 aus Amsterdam, Edwige 1994 aus New York City, den Kanadier The Weeknd sowie Ducktails aus dem heutigen Los Angeles und Holly Herndon, ebenso ganz aktuell, aus San Francisco. Playlist Stimmen zur Zeit Rhiannon Giddens
25. TFF Rudolstadt
Heinepark, Große Bühne, Aufzeichnung vom 03.07.2015 Die Frontfrau der Alternative Old Time-Band Carolina Chocolate Drops erstmals auf Solopfaden. "Meine Songs behandeln alle Facetten der Umstände des menschlichen Lebens", sagt Rhiannon Giddens über ihre Musik und übertreibt damit keineswegs. Immerhin singt sie u.a. von den Widrigkeiten des Alltags sogenannter kleiner Leute und behält die sozialen Widersprüche (nicht nur) der US-amerikanischen Gesellschaft im Blick: Ein guter Folksong müsse immer relevant sein, da sich einige Dinge nie änderten … Und so finden sich auf ihrem überraschenden Solo-Debütalbum 'Tomorrow is my turn' vor allem traditionelle Americana-Songs. Lieder, die Rhiannon Giddens schon immer singen wollte. Lieder von Sängerinnen, die sie prägten: Nina Simone, Dolly Parton, Mahalia Jackson oder Patsy Cline. Dass die in North Carolina geborene (studierte Opern-)Sängerin und (brillante) Banjospielerin der mit einem Grammy geehrten Old-Time-Folkband Carolina Chocolate Drops überhaupt eine Solokarriere begann, war eher dem Zufall geschuldet. Kein Geringerer als Produzentenlegende T-Bone Burnett hatte sie 2013 in New York bei einem Promokonzert für den Coen-Brüder-Film 'Inside Llewyn Davis' gehört. Ein Konzert, so die New York Times, bei der die junge Frau aus North Carolina den anderen schlichtweg "die Show stahl." Auch T-Bone Burnett war so begeistert, dass er sie nicht nur einlud, auf seinem Bob-Dylan-Album 'Lost on the River: The New Basement Tapes' mitzuwirken, sondern ihr auch anbot, mit ihm ein Soloalbum zu produzieren. Und so erschien im Februar dieses Jahres 'Tomorrow is my turn' mit einer sehr persönlichen Auswahl einiger für Rhiannon Giddens wichtigsten Americana-Songs. Während ihrer anschließenden Europatournee machte die sympathische, stimmgewaltige Sängerin mit ihrer Band auch Station im Rudolstädter Heinepark. Rhiannon Giddens "Avantgardist mit Traditionsbewusstsein" Ein Porträt des Saxofonisten Philipp Gropper
Von Thomas Loewner
Seit einigen Jahren gehört Philipp Gropper zum festen Kern der aktuellen Berliner Jazzszene. Größere Bekanntheit erlangte der Saxofonist zunächst mit 'Hyperactive Kid', einem Trio mit dem Gitarristen Ronny Graupe und Christian Lillinger am Schlagzeug. Die Musik der drei steht exemplarisch für die Arbeitsweise Groppers. Sie führt von der ungewohnt basslosen Besetzung bis hin zum Konzept, die Übergänge zwischen Improvisation und Komposition nahtlos zu gestalten. Jederzeit hört man der Band den Willen an, Neues auszuprobieren, einen eigenen Sound zu finden. Gleichzeitig verweist Gropper aber auch stets auf zahlreiche Jazz-Vorbilder: von Ben Webster, John Coltrane oder Sonny Rollins bis hin zu Peter Brötzmann, Evan Parker oder Frank Gratkowski. Für Gropper sind sie wie das Vokabular einer Sprache: je größer der Wortschatz, desto differenzierter die Ausdrucksmöglichkeiten. Aufgabe des Künstlers ist es, diese Einflüsse kreativ zu verwerten, sagt Philipp Gropper. Es gelingt ihm auf stets überzeugende Weise, mit 'Hyperactive Kid' genauso wie mit seinen eigenen Projekten 'Philm' und 'Tau'. Avantgardist mit Traditionsbewusstsein Samstag, 3. Oktober 2015
"The Shape of Jazz to Come" Ornette Coleman
Eine Sendung von Bert Noglik
Wie alle der ganz Großen im Jazz, war auch Ornette Coleman (09. März 1930 - 11. Juni 2015) eine singuläre Erscheinung. Er hat Musik in Frage gestellt und neu definiert: Im Quartett mit Don Cherry, mit seiner Band Prime Time, in der Begegnung mit den Master Musicians of Jajouka, in der Zusammenarbeit mit Sinfonieorchestern, dem Gitarristen Pat Metheny oder dem Pianisten Joachim Kühn. Sein Name steht für Free Jazz und Free Funk, doch das Wesen seiner Musik transzendierte die Kategorien eines Stils. Seine Töne glichen Frage- und Ausrufezeichen, die er in das Getriebe der Welt hineinwarf. Wichtig wurden die Beziehungen zwischen diesen Tönen. Neuverortungen, die Konventionen und Hierarchien zum Stürzen brachten. Linie voller Sprünge Ornette Colemans Lebenslauf mutet an wie eine Folge von Sprüngen und offenbart dabei zugleich eine staunenswerte Kontinuität. Seine Neugierde und seine Offenheit führten ihn dazu, sich mit Stammes- und Rockrhythmen, mit Neuer Musik, indischen Ragas und Kompositionen von Johann Sebastian Bach und aktueller Pop-Musik zu beschäftigen - all das in seine Klangwelt transformierend. Bert Noglik geht den Linien und Umschlagpunkten im Schaffen von Ornette Coleman nach und berichtet von persönlichen Begegnungen mit dem Ausnahmemusiker. The Shape of Jazz to Come "Das Schöne und das Biestige" Neues aus dem Grenzgebiet zwischen Rock, Jazz und Elektronik
Mit Harry Lachner
Ach, wie viele Versuche, das Schöne zu definieren... Da wurden Proportionen ermittelt, Goldene Schnitte durchs Bild gezogen, die Harmonien in ein bestimmtes Verhältnis gesetzt. Und doch kann man Schönheit nicht einer mathematischen Regelhaftigkeit unterziehen. Weder in der Bildenden Kunst, im täglichen Leben, schon gar nicht in der Musik. So reagiert jeder eben anders auf den süßen Klang einer Kreissäge oder den schrillen Liebreiz einer Mozart-Komposition. Klänge sind individuell mit anderen Assoziationen und Empfinden belegt. Musikalische Gesten der Freundlichkeit und Offenheit stehen heute in der Nachtsession gezückten Messern gegenüber - natürlich im metaphorischen Sinne. Die widerstreitenden ästhetischen Positionen werden vertreten von Eszter Balint, den Blacklisters, CM von Hausswolff, Ulrike Haage, Elephant 9 und Stephen O'Malley - und etlichen anderen, denen der Kategorisierungszwang herzlich egal ist. Playlist Das Schöne und das Biestige Teil 1 Das Schöne und das Biestige Teil 2 mit 7zip wird es eine Datei .... "Hanseatisches Original" Der Rockbarde Achim Reichel
Von Bernd Gürtler
Mit den Rattles hat Achim Reichel Anfang der 60er-Jahre weltmarktfähige Beatmusik im Stil der Beatles hervorgebracht, um sich kurz darauf in psychedelische Krautrock-Experimente zu stürzen. Er adaptiert Shantys und aber auch Theodor-Fontane-Texte, Balladen und Volkslieder. Nicht zu vergessen seine intensive Kooperation mit dem Literaten Jörg Fauser, und zwischendurch gern auch Songs komplett aus eigener Feder. Sein vorläufiges Gesamtwerk könnte origineller kaum sein. Bereits im Januar vergangenen Jahres 70 geworden, gönnt sich der in Hamburg gebürtige Rockbarde Achim Reichel mit "Raureif" 2015 ein neues Studioalbum. Download Manuskript Achim Reichel Montag, 28. September 2015
Mitschnitte
Hallo zusammen !
Irgendwie passt das alles zusammen ... Seit Tagen versuche ich die Mitschnitte hochzuladen und habe keinen richtigen Erfolg. Liegt es nun am Anbieter oder am Programm ? Da verliere ich die Lust. Zumal das meiste mittlerweile auch von den Sendern direkt zum nach hören angeboten wird... Sprich, die Mitschnitte werden auf das notwendige reduziert. Sicher, werden jetzt einige denken, so ähnlich habe ich das schon öfters geschrieben oder auch angekündigt. Nur mache ich das jetzt wirklich. Den Bayern2 Nachtmix gibt es zum nach hören und und und, der SWR2 macht es ähnlich. Einiges, was mir wirklich wichtig ist, wird es weiter geben oder wo es keine Möglichkeit zum nach hören gibt. Allerdings werde ich auch das auf den Prüfstand stellen ... Den Hooster werde ich wohl wechseln müssen .... Das ist soviel Zeit .... und wie man die Streams auf die Festplatte bekommt. Das kann jeder im Internet nachlesen. Dazu gibt es gefühlt Millionen Seiten !" Lasst Euch überraschen. link (3 Kommentare) kommentieren Sonntag, 27. September 2015
"Tableaus aus Klang und Stille" Ein Porträt des Trompeters Leo Smith (!!!)
Von Bert Noglik
Leo Smith zählt zu den 'stillen Wegbereitern' einer neuen, den ursprünglichen Energien des Jazz verbundenen Improvisationsmusik. Er stammt aus Leland im Mississippi-Delta, begann seine Laufbahn in Rhythm & Blues-Bands, kam 1967 nach Chicago und schloss sich dort der Musikerkooperative AACM an. Eng verbunden mit Jazz-Avantgardisten wie Anthony Braxton und Leroy Jenkins, strebt auch er nach musikalischer Erneuerung aus dem Geist der afroamerikanischen Tradition. Dabei arbeitet er kontinuierlich an der Verknüpfung musiktheoretischer Forschungen mit einer facettenreichen Spielpraxis. Das Spektrum seiner auf Tonträgern dokumentierten Aktivitäten reicht von der frühen Band New Dalta Ahkri bis zur Suite 'Ten Freedom Summers', von diversen Soloeinspielungen und Duos sowie dem transatlantischen Trio mit Peter Kowald und Günter Baby Sommer bis zu Großformationen. Leo Smith "Forests" Musik von und mit John Eckhardt
Eine rechteckige transparente Kunststoffbox: 4,3 x 19 x 13,1 cm groß. Darin befindet sich allerlei landschaftlich schön arrangiertes Pflanzenmaterial aus einem schwedischen Wald, ein USB-Stick, eingelassen in ein kurzes Aststück. Auf dem Datenträger befinden sich zahlreiche Fotos, einige Texte und zwei Stunden Musik-Kompositionen und Improvisationen des experimentierfreudigen Hamburger Kontrabassisten John Eckhardt. Auch die kunstvoll gestaltete Edition von 2015 (Auflage 250) hat Eckhardt selbst kreiert, seine Idee, die uniformen CD-Boxen oder die sterilen Digital-Miniaturen durch Optisch-Haptisches zu ersetzen. Und die Musik ist ebenso.
Forests In Flac ... Ältere Stories
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