radiohörer - der blog für radiofans
Dienstag, 22. September 2015
"Der schöne Sommer" Der italienische Schriftsteller Cesare Pavese
Von Maike Albath
Schnurgerade Straßen, rechtwinkelige Plätze, barocke Fassaden, am Horizont Fabrikschlote und die modernste Autofabrik Europas - das ist Turin Anfang der 30er-Jahre. Während Fiat neue Kleinwagen produzierte und Mussolini über die widerständige Arbeiterschaft der Industriestadt klagte, schrieb der 1908 geborene Student der Anglistik Cesare Pavese Gedichte über Alltagsgeschehnisse und machte Turin zu einem literarischen Ort.
Seine Schulfreunde Giulio Einaudi und Leone Ginzburg gründeten unterdessen einen Verlag. Ab 1934 verantworteten sie zwei Zeitschriften. Pavese wurde zum Entdecker Amerikas und steuerte Artikel über Dos Passos, Steinbeck und Sinclair Lewis bei. Der Einaudi-Verlag geriet bald in Konflikt mit dem Regime, Ginzburg und Pavese kamen ins Gefängnis. Die drei Freunde hielten an ihrem ehrgeizigen Programm fest, und nach dem Krieg schrieb Einaudi Kulturgeschichte. Der Verlag wurde zu einem Sammelbecken der literarischen und politischen Avantgarde.
Der schöne Sommer

link

"Dry Haze - Das Jahr ohne Sommer" Nach einem Text von Lord Byron
Von Werner Cee
Stimme: Rachel Unthank, Becky Unthank, Adrian McNally, Neville Tranter
E-Gitarre: Alf Terje Hana
E-Chin: Werner Cee
Produktion: Deutschlandradio Kultur 2013
m Jahre 1816 verschleierte ein Vulkanausbruch den Himmel über weiten Teilen Europas. Die düstere Stimmung inspirierte Lord Byron zu seinem Gedicht „Darkness".
Im Jahre 1816, nach dem Ausbruch eines indonesischen Vulkans, verschleierte trockener Nebel den Himmel über weiten Teilen Europas und schirmte die Sonneneinstrahlung ab. Auch literarisch hatte die eingetrübte Atmosphäre Folgen, und inspirierte Lord Byron zu seinem berühmten Gedicht 'Darkness'. Heute dienen die Erfahrungen aus diesem 'Jahr ohne Sommer' als Vorbild für das Geo-Engineering - den Versuch, die Erdatmosphäre mithilfe künstlicher Eingriffe abzukühlen. 'Dry Haze' ist der Soundtrack zu dieser abgeschatteten Welt.
Dry Haze - Das Jahr ohne Sommer In Flac
"I had a dream, which was not all a dream./The bright sun was extinguish’d, and the stars/
Did wander darkling in the eternal space,/Rayless, and pathless, and the icy earth/
Swung blind and blackening in the moonless air." (Lord Byron)

Werner Cee, geboren 1953, ist Klangkünstler und Komponist.'Fires of the Earth' (SWR 2012), 'Dry Haze' (DKultur 2013), 'Accidental Paradise' (SWR/DKultur 2013) bilden ein Triptychon: 'Das Anthropozän'.

link

"Wert des Unbekannten" Der amerikanische Tenorsaxofonist Mark Turner
Von Günther Huesmann
Seine virtuosen musikalischen Achterbahn-Fahrten durch alle Lagen des Tenorsaxofons sind legendär. Dabei hat es Mark Turner geschafft, den Tonraum seines Instruments um ein erhebliches Maß zu erweitern - mit kühnen, motivisch brillanten Ausflügen ins Altissimo-Register. Aber es sind weniger die technischen Aspekte seines Spiels, die ihn zu einem der meistgefragten Spieler der New Yorker Szene machen, sondern seine Fähigkeit, Mitmusiker und Zuhörer mit stets frischen neuen Ideen zu überraschen. Im Laufe seiner Karriere - unter anderem im Spiel mit dem Gitarristen Kurt Rosenwinkel, dem Trio Fly und seinem eigenem Quartett - ist dem heute 49-Jährigen etwas gelungen, was man nur von ganz wenigen Instrumentalkollegen sagen kann - er ist schulbildend geworden für eine ganze Generation jüngerer Saxofonisten.
Wert des Unbekannten

link

"Ich schreibe keine ganz neue Musik, ich schreibe 'meine' Musik". Der Komponist Arvo Pärt wird 80
Ein Porträt von Regine Müller
An Arvo Pärt scheiden sich die Geister. Der einstige Avantgardist ist heute der meistgespielte lebende Komponist und wird in seiner estnischen Heimat kultisch verehrt. Arrivierte Kollegen und die Musikkritik apostrophieren ihn gern mal als „Philip Glass des Ostens“ oder beäugen ihn misstrauisch als esoterischen Sonderling. Am 11. September 2015 wird Arvo Pärt, der seit 1982 in Berlin lebt, achtzig.
Der Komponist Arvo Pärt wird 80

link

"Forever Young - Die Beat-Club-Story"
Feature von Michael Augustin und Walter Weber (!!!)
Vor fünfzig Jahren, am 25. September 1965, ging der erste "Beat-Club" von Radio Bremen über die Bildschirme. Michael Augustin und Walter Weber erzählen die Geschichte der Kultsendung, die Fernseh-Geschichte geschrieben hat.
"Guten Tag liebe Beat-Freunde. Nun ist es endlich soweit. In wenigen Sekunden beginnt die erste Show im deutschen Fernsehen, die nur für euch gemacht ist." Mit dieser Ansage startete am 25. September 1965 eine neue Ära im bundesdeutschen Fernsehen. Zum ersten Mal ging der "Beat-Club" mit den Moderatoren Uschi Nerke und Gerd Augustin auf Sendung – eine Musiksendung von Radio Bremen für junge Leute, die damals ein absolutes Novum war. In den sieben Jahren seines Bestehens bis 1972 war der "Beat-Club" die deutsche Kultsendung schlechthin, in der fast alle internationalen Pop- und Rock-Größen der Zeit in Erscheinung getreten sind: The Rolling Stones, Jimi Hendrix, The Doors, Julie Driscoll, The Who, Cream, Tina Turner, Joe Cocker, Santana, Frank Zappa, Deep Purple, Status Quo usw. usw.

Im Feature von Michael Augustin und Walter Weber wird die Fernseh-Legende und ihr unvergleichlicher Sound zum Leben erweckt: Forever Young in den Erinnerungen von Protagonisten und Beteiligten wie Uschi Nerke, der „Ikone“ des Beat-Clubs, Gerd Augustin, Leckebusch und Jörg Sonntag, dem Schriftsteller Klaus Modick sowie den Musikern Achim Reichel, Leo Lietz, Renate Knaup, Wolfgang Niedecken, Manfred Mann, Roger Daltrey und Jimmy Page.
Sprecher: Holger Postler
Regie: Eva Garthe
Redaktion: Michael Augustin
Produktion: Radio Bremen 2015
Beat Club Dossier
Forever Young - Die Beat-Club-Story

link

Montag, 21. September 2015
Das Subharchord – eine Geschichts- und Klangreportage
von Stefan Amzoll

Studio Elektronische Musik mit einer Sendung über das Subharchord - einem einzigartigen Instrument, das in den sechziger Jahren in der DDR als subharmonischer Klangerzeuger konzipiert und entwickelt wurde.
Das Subharchord, ein Instrument das wohl am ehesten mit einem Synthesizer vergleichbar ist, wurde ursprünglich von den Rundfunk- und Fernsehingenieuren des Zentralamtes der Deutschen Post der DDR konstruiert. Es entstand etwa zur selben Zeit wie der küchenschrankgroße sowjetische ANS-Synthesizer, der jedoch nie zur Serienproduktion gelangte.
Bis in die siebziger Jahre gefördert, unterlag die experimentelle Musik in der DDR schließlich dem Zeitgeist politischer Repressionen und das neuartige Instrument geriet für eine lange Zeit in Vergessenheit. Aus der Versenkung holte es dann Manfred Miersch, Klangkünstler und Technikenthusiast, der sich dem Aufspüren und der Restauration verschollener Einzelgeräte nahezu verpflichtet sah.
Playlist
Das Subharchord In Flac

link

"Body And Soul-Vocals" Die Vokalistin Inge Brandenburg mit dem hr-Jazzensemble
Die filmische Dokumentation "Sing! Inge! Sing! – Der zerbrochene Traum der Inge Brandenburg" hat sie 2011 noch einmal ins Bewusstsein gebracht: Inge Brandenburg, Deutschlands beste Jazz-Sängerin der 1960er Jahre.
Eine Schlager-Karriere, welche die Plattenfirmen mit ihr planten, lehnte sie ab. Inge Brandenburg blieb dem Jazz treu. Vom Frankfurter Jazzkeller schafft sie den Sprung zum Deutschen Jazzfestival in Frankfurt. Doch Mitte der 1960er Jahre kommt der große Karriereknick als Sängerin. Während die Schauspielerei zum ihrem zweiten Standbein wird, gerät die Jazz-Sängerin nach und nach in Vergessenheit. Auf der Suche nach Material für die Dokumentation "Sing! Inge! Sing!" wurden Studio-Aufnahmen wiederentdeckt, die das Jazzensemble des hr in den Jahren 1959 bis 1961 mit der Sängerin aufgenommen hatte. Inge Brandenburgs "Body And Soul"-Vocals stehen im Mittelpunkt dieser Stunde in WDR 3 Jazz.
Body And Soul-Vocals

link

"Widerstand und Anpassung" - Überlebensstrategie Von Thomas Heise (!!!)
Regie: der Autor
Produktion: Rundfunk der DDR 1987

Ein Gespräch zwischen dem damals 80-jährigen Schauspieler Erwin Geschonneck und dem 31-jährigen Autor Thomas Heise über Macht, Ohnmacht und das Überleben im Konzentrationslager Dachau.

1987 sprachen der damals 80-jährige Schauspieler Erwin Geschonneck und der 31-jährige Autor Thomas Heise über Widerstand und Anpassung. Es ging ums Überleben im Lager Dachau, um Macht und Ohnmacht und ums Sauberbleiben, um den Pakt Hitlers mit Stalin, von dem der Kommunist im KZ erfahren hatte. Ein Feature aus Erinnerungen, Ahnungen, Nachdenken und Schweigen. Vor dem Fenster hörte man die Stadt, die Gegenwart Ostberlins. Das Feature wurde im DDR-Rundfunk nicht gesendet. "Stellen über die Sowjetunion" sollten entfernt werden, der Titel verschwinden, selbst ein Lachen der Gesprächspartner. Geschonneck und Heise widersetzten sich, worauf der Leiter der Feature-Abteilung die Zusammenarbeit abbrach. Das ZK der SED wurde informiert. 'Sinn und Form' hingegen veröffentlichte das Feature als Text.
Widerstand und Anpassung
Thomas Heise, geboren 1955 in Berlin, Studium an der HFF Potsdam-Babelsberg. Seit 1983 Autor und Regisseur in den Bereichen Theater, Hörspiel und Dokumentarfilm. 2007-2013 Professor für Film und Medienkunst in Karlsruhe, seit 2013 Professor an der Akademie der Bildenden Künste Wien.

link

Roots & Rock: Psicofolk
Vor fünfzig Jahren in Buenos Aires: Luís Alberto Spinetta (15), als Musiker noch völlig unbekannt, komponiert "Barro Tal Vez", eine Zamba mit rockigen Klangfarben. Die Gaucho-Gitarre tauscht er gegen eine Westernvariante, die Bombo-Begleitung gegen ein Rhodes-Piano.
Der etwas elegische Liedtext und der 6/8-Rhythmus mit den charakteristischen Punktierungen lassen den Bezug zur Zamba, dem populären traditionellen Volkstanz der Argentinier, erkennen. Musikalisch aber verlässt der junge Musiker den erdigen Boden der Pampa und lädt zur Reflexion auf dem Asphalt der Großstadt ein. In den darauf folgenden fünf Dekaden nähren namhafte Musiker und Bands wie Lito Nebbia, Alas, Gustavo Santaolalla, León Gieco, Fito Páez, Gustavo Cerati, Divididos und viele andere die von Spinetta entzündete Flamme und machen aus dem Crossover-Experiment ein neues Genre: den von Musikwissenschaftlern so bezeichneten Rock Nacional.

Heute in der Provinz Formosa: Bands wie Guauchos und Nde Ramírez aus dem Portfolio des Indie-Labels "Mamboretá Records" fügen dem Rock Nacional psychedelische Zutaten hinzu - ganz ohne Rauschmittel, denn die außergewöhnliche Natur hier im Nordosten Argentiniens ist ein realer Ort, an dem sich die Wahrnehmung von Raum und Zeit auflösen kann. Folklorock soll der neue Zweig des Genres Psicofolk heißen. Und "Mamboretá" steht exemplarisch für einen aktuellen Trend in der argentinischen Musiklandschaft: In den letzten Jahren entstanden überall im Lande ähnliche unabhängige Labels, die die regionalen musikalischen Impulse mit viel Enthusiasmus verbreiten. Dank dieser Bemühungen findet die Musik junger Talente wie Lucas Monzón und Benito Malacalza ihren Weg auch in die tonangebende Hauptstadt.
Psicofolk
Autor Darío Erlichman

link

"Big Is Beautiful!"
Das Lucerne Jazz Orchestra & Hayden Chisholm zu Gast beim Jazzclub Karlsruhe
Julia Neupert
2013 hat er den SWR Jazzpreis gewonnen, für den Musikfilm "Sound of Heimat" gab es 2014 den Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik und Anfang 2015 war der Saxofonist Hayden Chisholm zum "Improviser in Residence" der Stadt Moers ernannt worden. Kurz bevor er zusammen mit dem Lucerne Jazz Orchestra die Ehre hatte, das diesjährige moers festival zu eröffnen, machte der gebürtige Neuseeländer Station in Karlsruhe. Maximal Mikrotonales wurde da in "Mute Density" genauso präsentiert wie Chisholms neueste Big-Band-Arbeit: In "Rhythm Got Me" setzt er sich mit der Tradition der großen Swing-Orchester auseinander.
Big Is Beautiful! In Flac
Hayden Chisholm: NoThank You Sir I'm Not Alone
Lucerne Jazz Orchestra/Lucia Cadotch/HaydenChisholm

Hayden Chisholm: Mute Densitiy
Lucerne Jazz Orchestra & HaydenChisholm

Hayden Chisholm: This Little Bird Ain't Done
Lucerne Jazz Orchestra/Lucia Cadotch/HaydenChisholm

link