radiohörer - der blog für radiofans
Freitag, 4. September 2015
"Presque Rien No. 1, le lever du jour au bord de la mer" Ein Klassiker der Klangkunst im Original und als Remake.
Presque Rien No. 1, le lever du jour au bord de la mer
Von Luc Ferrari
Produktion: Autorenproduktion 1967

Approaching Nothing
Von Lawrence English
Autorenproduktion 2014
Presque Rien No. 1, le lever du jour au bord de la mer
Vor zehn Jahren starb der Klangkünstler Luc Ferrari. Sein Stück 'Presque rien No. 1, le lever du jour au bord de la mer' ('Fast nichts Nr. 1, Tagesanbruch an der Küste') komprimiert Tonaufnahmen von einem Tag im Jahr 1967 auf 21 Minuten. Aufgezeichnet am Strand in Vela Luka, offenbart das Stück erst beim genauen Hinhören die Hand des Komponisten: Ein Zusammenschnitt stark verdichteter und bewusst angeordneter Klangepisoden - und ein Meilenstein der Klangkunst.
Presque Rien No. 1, le lever du jour au bord de la mer + Approaching Nothing In Flac
Luc Ferrari (1929-2005), Komponist und Radioautor, war Gründungsmitglied der Groupe de recherches musicales in Paris.

Approaching Nothing
Eine Hommage an Luc Ferraris Werk, die zugleich den Wandel der Klangsignatur von Vela Luka hörbar macht.
Lawrence English, geboren 1976, ist Komponist und Labelbetreiber in Brisbane.

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"Eberhard Weber" Günther Huesmann im Gespräch mit dem Jazz-Bassisten
2015 ist das Jahr der großen Ehrungen für Eberhard Weber: Im Januar bekam er den Ehrenpreis des Landes Baden-Württemberg für sein Lebenswerk überreicht. Im Mai kam dann noch der ECHO Jazz Ehrenpreis hinzu - ebenfalls für sein Lebenswerk. Besser kann man seinen 75. Geburtstag kaum feiern.
International gehört Eberhard Weber zu den bekanntesten deutschen Jazzmusikern. Zu seinen Fans zählen so unterschiedliche Künstler wie Kate Bush und Pat Metheny. Doch musizieren kann Eberhard Weber heute nicht mehr. 2007 erlitt er einen Schlaganfall, er musste das Bassspiel aufgeben. Weber gehört zu jenen Schlüssel-Spielern, die den Jazz-Bass vom Begleit- zum Melodieinstrument emanzipiert haben. Mit seiner Band "Colours" und mit seinen Soli in der Band des Saxofonisten Jan Garbarek sowie im "United jazz & Rock Ensemble" hat er sich in die Annalen des Jazz eingetragen. Er hat mit seinen Sounds ganz entscheidend dazu beigetragen, dass der europäische Jazz heute ein eigenes Gesicht besitzt.

Eberhard Weber In Flac
Musikliste:
Eberhard Weber: Touch
Eberhard Weber
Eberhard Weber: Seriously Deep
Eberhard Weber
Pat Metheny: The Whopper
Gary Burton
Cole Porter: I Love You
Joe Pass
Ralph Towner: Nimbus
Ralph Towner
Eberhard Weber: Silent Feet
Eberhard Weber
Eberhard Weber: Fluid Rustle
Eberhard Weber
Eberhard Weber: Closing Scene
Eberhard Weber
Eberhard Weber: The Colours of Chloe
Eberhard Weber
Eberhard Weber: Tübingen
Eberhard Weber
Eberhard Weber: Later That Evening
Eberhard Weber
Pat Metheny: Hommage
Pat Metheny/SWR Big Band

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"Vom Slum in den Trompetenhimmel" Eine Lange Nacht über Louis 'Satchmo' Armstrong
Von Franz-Michael Rohm
Regie: Klaus Michael Klingsporn
Louis Armstrong war der erste Weltstar der populären Musik, vor Elvis Presley, vor den Beatles, den Rolling Stones, Michael Jackson, Madonna oder Rihanna. Weil er, wie Wolfram Knauer, Direktor des Jazzinstituts in Darmstadt und Autor einer Armstrong-Biografie, meint, "zur rechten Zeit am rechten Ort war". Heute gilt der Musiker, der sich später Satchmo nennt, als Synonym für Jazz, für brillantes Trompetenspiel und eine unverwechselbare, berührende Stimme. Obwohl er schon mehr als 40 Jahre tot ist, sind sein Trompetenspiel und sein Gesang unsterblich. Weil er, wie Bruce Raeburn, Direktor des Jazz Archivs der Tulane University von New Orleans sagt, "ein Genie war". Aber auch, weil er neue Medien wie Schallplatte, Radio, Film und Fernsehen sofort nutzte, um seine Musik zu verbreiten. Und er brachte in seiner Musik die Liebe zum Klingen. Eine 'Lange Nacht' über Louis Armstrong, dessen Leben 1901 am untersten Ende der Gesellschaft im Elendsviertel von New Orleans beginnt. Es endete 1971, wenige Wochen nach seinem letzten Auftritt in New York.
Vom Slum in den Trompetenhimmel

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Mittwoch, 2. September 2015
25. TFF Rudolstadt: "Coetus" - das spanische Perkussionsorchester beim Eröffnungskonzert des Festivals
Heinepark, Große Bühne
Aufzeichnung vom 02.07.2015
timmungsvoll, klangschön und energetisch: Was die katalanische Perkussionsband Coetus am Eröffnunsgabend des diesjährigen TFF Rudolstadt bot, dürfte in der Geschichte des Festivals wohl seinesgleichen suchen. 17 (!) Musikerinnen und Musiker (davon allein 12 Perkussionisten!) standen an jenem heißen Sommerabend auf der Großen Bühne des Heineparkes und zelebrierten in ihrem Orquesta de percusión ibérica ein zauberhaftes Programm mit Liedern und Tänzen der iberischen Halbinsel, der Kanarischen Inseln und der Balearen. Gegründet wurde Coetus (lat. Vereinigung) 2008 von dem Perkussionisten und Produzenten Aleix Tobias. "Wir wollten an die Tradition großer Perkussionsensembles anknüpfen, so wie sie in Brasilien, Afrika und anderswo existieren, wollten so wie diese mit unserer Instrumentation verfahren. Denn hierzulande gibt es die Kultur solcher Gruppen nicht oder nur vereinzelt", sagte er in einem Interview. Dabei kamen von Anfang an nicht nur die Tamburine in verschiedenen, teils schon vergessenen Bauarten zum Einsatz; auch Brummtopf, Küchengegenstände oder selbstgebaute Schlaginstrumente. Feurige Rhythmen mit spontanen Taktwechseln sind das Eine; das Andere und zugleich Besondere die Gesänge. Mit wechselnden Vorsängern gern auch im Chorus. Ständig ist die Band in Bewegung, immer wieder steht ein anderer Solist am Mikrofon. Sie tanzen, sie singen, sie spielen: stimmungsvoll, klangschön und energetisch.
Coetus

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25. TFF Rudolstadt: "Pedro Caldeira Cabral Trio"
Stadtkirche St. Andreas
Aufzeichnung vom 05.07.2015
Die Guitarra Portuguesa kennt man hierzulande hauptsächlich vom Fado. Ihr heller, metallen-vibrierender Klang, irgendwo zwischen Bouzouki, Mandoline und 12-saitiger Gitarre, macht sich gut im Kontext dieser eher traurig-melancholischen Musik. Dabei lebt die Guitarra Portuguesa in ihrem Heimatland ein exponiertes Eigenleben und gilt für viele portugiesische Musiker als das portugiesische Instrument schlechthin. Als einer ihrer bekanntesten Virtuosen gilt der 2004 verstorbene Carlos Paredes, der in seinen folkloristisch geprägten Kompositionen - darunter auch Lieder für die 'Königin des Fado' Amália Rodrigez - die spieltechnischen Möglichkeiten des Instrumentes virtuos und ausgesprochen klangschön ausgelotet und zahlreiche spieltechnische Referenzaufnahmen hinterlassen hat. Nicht zu Unrecht gilt Pedro Caldeira Cabral als sein Erbe. Und das nicht nur wegen Cabrals atemberaubender Spieltechnik auf der Guitarra Portuguesa. Pedro Caldeira Cabral kommt von der Alten Musik. Ein Musikologe und Festivalleiter, der neben Laute und Viola noch andere Instrumente, vor allem aus Renaissance und Mittelalter, studierte. Sein Verdienst für die Portugiesische Gitarre besteht nicht nur darin, dass er 1999 die erste wissenschaftliche Abhandlung über die Portugiesische Gitarre und ihre Geschichte in einem Buch veröffentlicht hat. Er erweiterte auch das Solorepertoire des Instrumentes mit Transkriptionen von Werken Bachs, Weiss’, Scarlattis u.a. In seinem mit Bass, Konzert- und Portugiesischer Gitarre besetzten Trio präsentierte er beim 25. TFF in Rudolstadt einen interessanten Querschnitt durch sein Repertoire.
Pedro Caldeira Cabral Trio

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Montag, 31. August 2015
"Elina Duni Quartet"
Roter Salon der Volksbühne Berlin
Aufzeichnung vom 31.05.2015
Elina Duni Quartet:
Elina Duni, Gesang
Colin Vallon, Klavier
Lukas Traxel, Bass
Norbert Pfanmatter, Schlagzeug
Moderation: Matthias Wegner
Elina Duni Quartet Live In Flac

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"creating character" Susan Batson
Mit Fragmenten aus Pirandellos 'Sechs Personen suchen einen Autor'
Von Marianne Wendt
Aus dem Italienischen von Georg Richert, überarbeitet von Michael Rössner, Elke Wendt-Kummer, Maria Sommer
Und Texten aus „Truth“ von Susan Batson. Aus dem Amerikanischen von Sarah Fuhrmann
Regie: die Autorin
Mit: Susan Batson, Leslie Malton, Nadja Schultz-Berlinghoff, Bettina Kurth, Hans-Jochen Wagner, Leopold von Verschuer, Felix von Manteuffel, Robert Frank
Ton: Bernd Friebel
Produktion: Deutschlandradio Kultur 2015
(Ursendung)
Susan Batson, Schauspieltrainerin aus New York, gibt Einblick in ihre 'method'. Im Hörstück collagiert mit Pirandellos unvollendeten Bühnenfiguren.
Susan Batson arbeitet mit einer Handvoll Schauspielern an ihren Figuren. Immer geht es dabei um die Wahrhaftigkeit der Darstellung. Die Szenen, Schauspielübungen und Diskussionen aus der Probenarbeit geben Einblick in ihre 'Methode', die Schauspieler arbeiten hart an sich und ihren Rollen: "Du bist dafür zuständig, ein sprechendes, denkendes und fühlendes menschliches Wesen zu erschaffen." Während dieser Proben tauchen überraschend Pirandellos 'sechs Personen' auf. Ihr Autor hat sie als Bühnenfiguren nicht vollendet, doch sie verlangen, aufgeführt und zum Leben erweckt zu werden.
creating character

Susan Batson, geboren 1944 in New York, ist personal acting coach von Juliette Binoche, Tom Cruise, Nicole Kidman, Madonna und Jennifer Lopez.

Marianne Wendt, geboren 1974 in Berlin, arbeitet als Autorin und Regisseurin für Hörspiel, Feature und Film.

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Melancholische Leidenschaft - Lhasa de Sela.
Es dreht sich um das Leben, den Tod, die Wiedergeburt und das Feuer. Egal ob sie auf Spanisch, Englisch oder Französisch singt, sie erzählt einen Film mit jedem Lied. Eindringlich und ohne sich in eine Schublade pressen zu lassen.
Lhasa de Sela verbrachte ihre Kindheit in einem Bus mit ihren Hippie Eltern und ihren drei Schwestern auf Reisen durch die USA und Mexiko. Später wurde sie in Kanada und Frankreich heimisch. 2005 wurde sie mit dem BBC World Music Award ausgezeichnet. Drei Solo-Alben hat sie herausgebracht, mit langen Pausen dazwischen und später auch mit Stuart Staples von den Tindersticks oder mit den französischen Sängern Arthur H und Jérôme Minière zusammengearbeitet. Ein Blick in die Welt von Lhasa de Sela, die vor fünf Jahren im Alter von nur 37 Jahren gestorben ist.
Playlist
Lhasa de Sela

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Geschichtete Klänge und ganz viel Leidenschaft - die schottische Band The Twilight Sad
Von Paul Baskerville
Wenn man die Musik von The Twilight Sad hört, könnte man sich bildlich vorstellen, wie Nebelschwaden gespenstisch durch einsame Moorgebiete ziehen, schwermütig, aber doch romantisch. Typisch schottisch eben. Die Band stammt aus der Kleinstadt Kilysyth zwischen Glasgow und Stirling, tatsächlich von Marschland umgeben. The Twilight Sad existiert seit 2003 und hat mittlerweile vier Alben gemacht. Ihre Platten haben immer beschwörende Titel: Das Debütalbum hieß 'Fourteen autumns and fifteen winters'. Das neue Werk trägt den Titel 'Nobody wants to be here and nobody wants to leave'. Die Texte von Sänger James Graham erzählen immer Geschichten. Er singt sie mit einem hinreißenden, stark schottischen Akzent. Graham spielt kein Instrument und kann keine Noten lesen. Er beschränkt sich stattdessen auf sein Handwerk: Gesang und Wörter eben. Graham beschreibt die Musik von The Twilight Sad als "Folk mit Schicht um Schicht rumpelndem Getöse über die Melodien". Vermittelt das einen guten Eindruck von der Musik? Sänger/Songschreiber wie Leonard Cohen sind genauso sehr ein Vorbild für The Twilight Sad wie die Industrial Band Cabaret Voltaire oder Krautrockgruppen wie Can. Das hört sich nach schwerer Kost an. Eigentlich aber nicht. Die Lieder sind so sensibel, dass die Lärmkulisse gar nicht wirklich als Krach empfunden wird. So gesehen ist The Twilight Sad eigentlich eine ganz normale leidenschaftliche, schottische Rockband.
The Twilight Sad

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"75 Minuten mit der Faust auf die Leinwand" Der Filmemacher Christoph Schlingensief
Von Markus Metz und Georg Seeßlen
Regie: Robert Steudtner
Produktion: DLF 2015
Der Künstler Christoph Schlingensief ist auch fünf Jahre nach seinem Tod präsent in Ausstellungen, Büchern und natürlich in seinem großen Projekt des Operndorfes in Burkina Faso. Ein wenig in Vergessenheit geraten ist bei alledem der Filmemacher Schlingensief. Der Film und das Filmische aber sind Grundlagen seiner Arbeit. Schlingensiefs Filme - von 'Menu total' über 'Das deutsche Kettensägenmassaker' bis 'Die 120 Tage von Bottrop' - sind offene Kunstwerke. Es gibt in ihnen ein pausenloses Geschehen, aber keine klassische Handlung. Menschen schreien, flüstern, deklamieren, führen groteske Reigen auf, fallen aus allen Rollen, stellen etwas dar und sind doch zugleich ganz sie selbst. Sie sind nicht so sehr in einem Spielfilm, sie spielen vielmehr Film. Man sieht nicht einen Film, sondern man sieht auch, wie ein Film gemacht wird. Schlingensief nahm die Forderung Jean-Luc Godards ernst, keine politischen Filme zu machen, sondern Filme politisch zu machen.
Christoph Schlingensief

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