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Sonntag, 16. August 2015
Adventurous Reading (5) buch & ton
Von Julia Neupert
Berlin, Nickelsdorf oder Ulrichsberg: Raimund Dillmann ist immer schon auf den Festivals, bevor das erste Konzert beginnt. Vor allem in den Pausen wird es dann für ihn betriebsam, denn an Dillmanns Stand kommt kaum ein Fan von Jazz und improvisierter Musik vorbei: "buch & ton" heißt seine mobile Buchhandlung. Hier findet man Klassiker der Fachliteratur wie Peter Niklas Wilsons "Hear and Now", aktuelle Neuerscheinungen wie die Keith Jarrett Biografie von Wolfgang Sander aber auch schwer erhältliche Raritäten und Antiquarisches. "Adventurous Reading" hat Raimund Dillmann beim diesjährigen moers festival getroffen, wo der Stand-Besuch von "buch & ton" für etliche Festivalbesucher ein jährlicher Pflichttermin ist. Adventurous Reading (5) buch & ton Richard Rodgers: My Favorite Things/CD: The Definitive John Coltrane, Aus: The sound of music (Musical) John Coltrane Quartet Burke/Haggart: What's New/CD: Ballads Derek Bailey Morten Qvenild, Gard Nilssen: sPacemoNkey/The Karman Line Spacemonkey Christof Kurzmann: Song For Beggars Sofia Jernberg/Christof Kurzmann Cooper/Klein: Je Me Sens Seule/CD: Canaille 91 Lindsay Cooper/Bea Klein Aufstieg aus dem Untergrund Jazz im polnischen Kino (1958 - 1967)
Von Bert Noglik
Ende der 1950er-Jahre kam es zu einer "neuen Welle" im polnischen Film, die sich in neorealistischen Betrachtungsweisen wie auch mit gleichnishaften Erzählweisen der Bevormundung durch die kommunistische Kulturpolitik widersetzte und künstlerisch bedeutsame Resultate hervorbrachte. Regisseure des damals neuen polnischen Kinos wie Andrzej Wajda, Jerzy Kawalerowicz und Jerzy Skolimowksi fanden in ihrem Streben nach neuem Ausdruck zur Zusammenarbeit mit jungen Jazzmusikern wie Krzysztof Komeda, Tomasz Stañko, Zbigniew Namysowksi und Andrzej Trzaskowski, deren Musik sich von der illustrierenden Funktion löste und zum Partner der Bildsprache wurde. Diese im Dialog mit dem Film entstanden Aufnahmen haben bis in die Gegenwart hinein immer wieder polnische Jazzmusiker inspiriert. Playlist Aufstieg aus dem Untergrund Jazz im polnischen Kino (1958 - 1967) In Flac "Die Architektur der Freiheit" Ein Porträt des Gitarristen Scott Fields (!!!)
mit Harry Lachner
Man hat sich daran gewöhnt. Gitarristen wie Fred Frith, Keith Rowe oder Derek Bailey entwickelten erweiterte Spieltechniken, um dem Instrument ganz neue Klangmöglichkeiten zu eröffnen. Doch keiner hat diese Klänge so konsequent und so überlegt in seine Musik integriert wie Scott Fields. In seiner Jugend durchlief der 1956 in Chicago geborene Gitarrist die Schule der Rockmusik. Nicht von ungefähr nannte Scott Fields den Musiker Jimi Hendrix als einen, mit dem er am liebsten zusammengespielt hätte. Doch dann entfloh er schnell den Formalismen des Rock und entdeckte die frei improvisierende Szene seiner Heimatstadt. Besonders die Chicagoer Musiker-Kooperative AACM (Association for the Advancement of Creative Musicians) schien ihm eine neue Freiheit im Umgang mit Formen, Klängen und Klangverbindungen zu verheißen. Über den Umweg der frei improvisierenden Szene kam Scott schließlich zur zeitgenössischen, komponierten Musik. Deren Modelle übertrug er auf sein eigenes Spiel, arbeitete zunehmend mit Partituren und öffnete sich auf diese Weise neue Wege zwischen Komposition und Improvisation. Wobei er immer wieder – gerade in Konzerten – sich aller möglichen Freiheiten formaler und klangmanipulativer Gestaltungsweisen bedient. Assoziativ, gewiss. Aber gelenkt von einem ausgeprägten Formbewusstsein. Scott Fields In Flac "Wieder Warten lernen" Ein Plädoyer für einen Zwischenzustand (!!!)
Von Ole Frahm und Torsten Michaelsen
Das Warten verschwindet. Im eng getakteten Alltag werden die Wartezeiten kürzer und der verbliebene Rest wird durch Smartphones, Angry Birds oder - wie in den U-Bahnen - durch Bildschirme mit aktuellen Nachrichten vertrieben. Langeweile soll nicht aufkommen. Dabei haben Theoretiker wie Walter Benjamin, Siegfried Kracauer und Martin Heidegger Ende der 1920er Jahre ausgerechnet Warten und Langeweile als ein Mittel empfohlen, im Angesicht der Weltwirtschaftskrise wieder handlungsfähig zu werden. Die Mitglieder des Künstlerkollektivs LIGNA, Ole Frahm und Torsten Michaelsen, empfehlen deshalb, das Warten erneut einzuüben und beginnen damit gleich in dieser Sendung. Das beinhaltet selbstverständlich eine Gymnastik (eine klassische, aber kaum noch gepflegte Radioform), denn der Körper muss Haltungen einnehmen können, die ihn lange in erstarrter Balance halten. Das Warten auf die oder den Geliebten, in dem sich unerträgliche Ungeduld und unendliches Genießen vereinen, kommt ebenso zu Wort, wie Menschen, die unfreiwillig warten: die Flüchtlinge. Sie warten darauf, aufgenommen zu werden. Während die Asylanwärter gezwungen werden nichts zu tun, beutet die Kreativindustrie selbst noch das Faulenzen als Ressource aus. So wird jenes spezielle Warten eliminiert, das sich selbst vergisst, ein Warten, von dem Maurice Blanchot sagte, es mache erst das Unerwartete vorstellbar. Wieder Warten lernen point of view [58]: François Delalande
Der 1941 geborene, französische Musikforscher und Theoretiker François Delalande, erzählt, wie er zur elektroakustischen Musik kam.
Die Lektüre der Traité des Objets Musicaux, des theoretischen Hauptwerkes von Pierre Schaeffer wurde für ihn zum Erweckungserlebnis. Obwohl er bereits seine Ausbildung als Ingenieur abgeschlossen hatte und als Mathematiklehrer ein "respektabler Herr" war, wurde er umgehend Mitglied der GRM (Groupe de Recherches Musicales) und blieb dort von 1970 bis zu seiner Pensionierung 2006. Noch heute ist er Mitglied der Gruppe und beteiligt sich an Projekten zur elektroakustischen Komposition von Kindern. In unserer Sendung stellt er nicht nur Werke von Komponisten vor, sondern diskutiert auch deren musikalische Verwandtschaft mit den Lautäußerungen von Babys. Besonders betont er die neue Rolle des Klangs, die er auf die Verbreitung der Tonträger ab Mitte des 20. Jahrhunderts zurückführt, und die weit über die elektroakustische Musik hinaus auch Pop, Rock, aber auch die Alte-Musik-Szene erfasste. François Delalande In Flac Mit Ausschnitten von: Silvia D'Augello: La Goutte d’Eau Luciano Berio: Visage Guy Reibel: Variations en étoile Bernard Parmegiani: De Natura Sonorum, L’Oeil Ecoute Pierre Henry: Variation pour une Porte et un Soupir Antoni Vivaldi:; Die vier Jahreszeiten Emmanuele Papalardo: Montage mit Henry Moderation: Reinhold Friedl Samstag, 15. August 2015
Jazzfacts vom 13.8.2015
Neues von der Improvisierten Musik
"Musiktraumzimmer": Jazz und Architektur "Giving Birth To Sound": Frauen im Jazz heute "Spirits Rejoyce": Jazz und Religion Inspirationen aus der Klassik: Pablo Held Trio Die Lyra zwischen Jazz und Folk: Sokratis Sinopoulos Trio mit Elektronik & Groove: "Les Amants de Juliette" "Jazz-Jazz" mit Drive: David Cook Quintett Jazzfacts 13.8.2015 Am Mikrofon: Harald Rehmann Radionacht Klanghorizonte 15.8.2015 ... 5 Stunden !
mit Michael Engelbrecht
NEULAND: Flying Saucer Attack / Mike Cooper / Hilde Marie Holsen / Dino Saluzzi / Sokratis Sinopoulos / “Eine Olive des Nichts” / Robert Forster / Codex Radionacht Klanghorizonte 15_8_2015 Teil 1 NEULAND: Moritz von Oswald Trio (w. Tony Allen) / Fennesz + Ozmotic / Monkey Plot / Brutter (w. Christian Wallumrod) / Radio Vietnam / Heitor Oliveros Radionacht Klanghorizonte 15_8_2015 Teil 2 NAHAUFNAHME: Terje Isungset Radionacht Klanghorizonte 15_8_2015 Teil 3 ZEITREISE: Arthur Russell / Brian Eno / Michael Mantler / Dieter Moebius / Lloyd McNeill / David Toop / Michael Head / Terry Riley Radionacht Klanghorizonte 15_8_2015 Teil 4 ZEITREISE: Art Lande / Jan Garbarek / Peter Rühmkorf / Steve Kuhn — Radionacht Klanghorizonte 15_8_2015 Teil 5 VIEL SPASS! Freitag, 14. August 2015
Zone de Silence
Im Norden Mexikos liegt die "stille Zone": 400.000 Quadratmeter Wüste, die sich beim aufmerksamen Hinhören als ganz und gar nicht still entpuppen. Hier hat die Radiomacherin Amandine Casadamont Klänge und Geräusche gesammelt.
"Zone de silence" ist ein Spiel mit der Wahrnehmung: Wüstengeräusche treten über die Hörschwelle, bevor sie wieder ganz in der Stille verschwinden. Allmählich entspinnt sich ein Dialog zwischen den Naturgeräuschen, die die Landschaft ausmachen und ihre Bewohner prägen. Casadamonts radiophoner Essay wurde mit dem Prix Phonurgia Nova 2015 ausgezeichnet. Wir empfehlen, das Stück an einem möglichst ruhigen Ort mit Kopfhörern zu hören. Zone de Silence Realisation: Amandine Casadamont, Angélique Tibau Mischung: Bruno Mourlan Produktion: France Culture 2014 Amandine Casadamont, geboren 1980, ist Klangkünstlerin. Zahlreiche Radioarbeiten und Kompositionen. 2013 Nominierung für Prix Europa (Berlin) und Grand Prix Nova (Bukarest), sowie erster Preis bei der Bienal Internacional De Radio (Mexiko). "Die Entfaltung der Klänge" Der Klarinettist Ben Goldberg zwischen Tradition und Moderne
Von Harry Lachner
Vom New Klezmer Trio über die kritische Reflexion des Bebop-Repertoires, den folkloristischen Anklängen der Band Tin Hat zum "Book of Angels" von John Zorn: Der Klarinettist Ben Goldberg spielt sich mit großer Virtuosität durch Stile und Zeiten, durchbricht scheinbar feststehende Formen und findet immer wieder Herausforderungen, die jegliche Vorhersehbarkeit musikalischer Abläufe in Frage stellen. Goldberg, der nicht zuletzt wegen seiner ausgeprägt nuancierten Tonkultur von vielen Musikern zu Projekten und Aufnahmen eingeladen wird, markiert auch die Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Gegenwart: Geprägt vom alten jüdischen Erbe der Klezmorim stellt er sich risikobewusst den Ansprüchen einer aktuellen Ästhetik in der improvisierten wie auch in der komponierten Musik. Playlist Ben Goldberg "Ladies Voices"
Hörspiel von Klaus Buhlert mit Texten von Gertrude Stein
Miss Furr und Miss Skeene, zwei Frauen durchaus verschiedenen Charakters, treffen sich, sind glücklich, leben zusammen, obwohl Mister Furr ein sehr angenehmer Mann ist. Schließlich beschließen die beiden Ladies, ihre Stimmen zu kultivieren und fröhlich zu sein. Sie kultivieren ihre Stimme in der Küche, im Bett, im Pariser Salon in der Rue des Fleurs, inmitten einer Sammlung kubistischer Bilder, am Klavier sitzend, sich die Hände haltend. Auch als Miss Skeene später fern von Helen Furr lebt, bleiben beide Frauen fröhlich und erzählen einigen Menschen vom Fröhlichsein, indem sie ihre Stimme kultivieren. "Ladies Voices" ist ein Beispiel dafür, die sprachexperimentellen Texte der 1946 gestorbenen amerikanischen Avantgarde-Schriftstellerin Gertrude Stein auch unterhaltsam und vergnüglich zu inszenieren. Ladies Voices Mit: Ilene Winckler und Sona McDonald Musik und Regie: Klaus Buhlert (Produktion: DLF 2000) ... Ältere Stories
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