radiohörer - der blog für radiofans
Sonntag, 12. Juli 2015
Today your love, tomorrow the world
Von Veit König

Sie haben das erreicht, wovon alle Musiker träumen: Jeder kennt sie, ihr Sound wurde von Millionen kopiert und war Geburtshelfer eines neuen Sub-Genres. Die "Ramones" haben den Punk mainstream-fähig gemacht und ihre Credibility trotzdem nie verloren.
Bei über zweitausend Konzerten wurden sie geliebt und verehrt, ihr Logo wurde weltweit auf T-Shirts und Taschen verbreitet - aber richtig viele Alben verkauft haben sie eigentlich nie. Nur eine Greatest Hits wurde (in den USA) vergoldet. Sie sahen alle gleich aus, gaben sich alle den Nachnamen Ramone, und sie waren wie Brüder: Sie hassten sich innig. Eine Band wie aus dem Bilderbuch, Image wie aus einem Comic, der Sound eine Betonmauer. Nach jedem one-two-three-four klangen sie wie eine Eins, doch sie wurden nicht reich, sie wurden nicht glücklich, sie wurden nicht alt. Sie wurden Kult. Die Geschichte der Band und die Reflexion des Phänomens. Too tough to die!
Today your love, tomorrow the world In Flac

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Samstag, 11. Juli 2015
"Die Einsamkeit des Meeresgrundes" Hörspiel von Ror Wolf (!!!)
Mitwirkende:
Andrea Grosske
Ulli Rad-Höfer
Vladimir Weigel

Regie: Peter Lilienthal
(WDR/SDR 1979)
Ror Wolf erhält den Günter Eich Preis 2015 für sein Gesamtwerk als Hörspielmacher. In der Begründung der Jury heißt es: „Als Liebhaber und Kenner des Jazz ist Ror Wolf ein Virtuose der Sprache und verfügt über ein geradezu musikalisches Wortverständnis. Verbunden mit einer von Phantasie überbordenden Auseinandersetzung mit der Realität, bei der durch stets neue Besichtigungsweisen und Darstellungsversuche selbst das Unwahrscheinlichste noch wahrscheinlich ist, macht ihn dies zu einem der faszinierendsten Forschungsreisenden im Gebiet der Töne, Stimmen und Geräusche.“ „Die Einsamkeit des Meeresgrundes“ in der Regie von Peter Lilienthal ist eines der wenigen Hörspiele von Ror Wolf, die der Hessische Rundfunk bislang nicht gesendet hat: Vornehmlich um drei Männer kreisen die Gedanken der Hauptfigur, einer älteren Dame, die verfettet und gehbehindert in ihrer Obergeschosswohnung lebt und einem unerwarteten Besucher ihr Herz ausschüttet: Da ist zunächst »Mani«, ihr zweiter Ehemann, ein stiller, unscheinbarer Tropf, den sie allerdings trotz seiner angeblichen Schonungsbedürftigkeit im Verdacht hat, in der daruntergelegenen Wohnung fremdzugehen, und zwar ausgerechnet mit der Freundin des dort wohnenden »Küchenscheffs«, der seinerseits ein windiger Strizzityp ist. Ungeachtet der verwickelten Situation und in Nachsicht für seine charakterliche Fadenscheinigkeit schenkt die nicht mehr junge Dame diesem ihre uneingeschränkte Liebe. Wen wundert's bei diesen Verwicklungen noch, dass die Gefühle der Dame sich plötzlich dem gegenwärtigen Gesprächspartner zuwenden?
Die Einsamkeit des Meeresgrundes

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"Hell / Dunkel" Musikalische Stimmungslagen
Mit Michael Miesbach

Ein Ausflug in die unterschiedlichsten musikalischen Stimmungslagen, die uns auf diversen, überwiegend elektronisch dominierten neuen Veröffentlichungen begegne: Zu hören gibt es das ungewöhnliche aktuelle Album des schottischen Bassmusik-Produzenten Becoming Real, Neues von den britischen Elektropop-Stilisten Hot Chip und Miaoux Miaoux, Kraut-Postrock aus Berlin von Automat, südafrikanischen Kwaito-House von Felix Laband oder Neo-Breakbeats von Drew Lustman aus Brooklyn. Dazu eine Compilation des kaliforischen Vibraphonisten Don McCaslin, den ghanaischen Konobo-Künstler Prince Juju, einen wiederveröffentlichten Surffilm-Soundtrack und konsequenten Minimalismus von Thomas Brinkmann.
Playlist
Hell / Dunkel

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"MIND THE GAP" Der Künstler Omer Fast
Der Videokünstler Omer Fast liebt das Spiel mit der Authentizität. In seinen Video-Installationen erforscht er neue Formen der Narration und war damit auch schon auf der Documenta (13) zu Gast.
Omer Fast wurde 1972 in Jerusalem geboren. Er wuchs in Israel und New York auf und machte früh die Erfahrung, wie stark "Identität" eine soziale Konstruktion, eine Performance ist. Das, was andere am jeweiligen Ort für "authentisch" halten, lässt sich wie eine Rolle assimilieren.
In seinen Mehrkanal-Video-Installationen verwischt er subtil die Grenzen zwischen Dokumentation und Phantasie. Häufig arbeitet Omer Fast mit realen Interviews, die er zu einer fiktiven Geschichte montiert oder in Spielszenen nachinszeniert. Sie führen den Betrachter bei der Sinnsuche an der Nase herum. Für seinen ersten Kinofilm nach dem Roman "Remainder" ("8 ½ Millionen") von Tom McCarthy hat ihn der Autor bei den Dreharbeiten begleitet.
Mind The Gap

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"Verborgene Blätter" Geschichten vom falschen Leben im richtigen (!!!)
von Michael Langer
Am Rande des Bayerischen Waldes. Auf einem einsamen Berg unter dem Laubdach einer 400-jährigen Linde ist der Damaszenerschmied zu Hause. Der Einödhof ist nur zu Fuß über steile Waldwege und verschlungene Pfade zu erreichen. Wer mag heute noch so leben? Unten im Tal, wo blitzblanke Land Cruiser die Dörfer unsicher machen, da hat man auch ein Handy und immer öfter einen Internetanschluss.
Mitten in Amsterdam. Hier arbeitet ein Medienpirat hoch über den Grachten. Er pfeift auf eine High-Tech-Karriere und leistet sich stattdessen einen eigenen anti-kommerziellen Sender auf UKW und im Netz zum Selbstkostenpreis. Sein Lebensraum ist das Studio, sein Sendegebiet der Cyberspace. Ein Eigenbrötler? Konjunkturbremser?

Irgendwo in Belgien. Raul Vaneigem hat sich zurückgezogen. Er will von den Medien nichts mehr wissen. Schon gar nicht von einer Welt, die der Ökonomie gehorcht. In seinem Buch "An die Lebenden" schrieb er: "Es kommt heute darauf an, sich in der Echtheit des eigenen Daseins zu entdecken, selbst wenn es schlecht gelebt wird und die kleinste Illusion ihr oft vorgezogen wurde - da das Verlangen nach einem anderen Leben eben schon dieses Leben ist."
Verborgene Blätter

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"So fern vom Leben" (!!!)
Von Ulrich Bassenge
Friedrich Nietzsche tappt in dieser Dramödie von Fiasko zu Fiasko, ob als Reiter beim Militär, als insolventer Anzugkäufer oder als fünftes Rad am Wagen einer Ménage-à-trois. Im metaphysischen Oberengadin, im Meereshimmelblau von Genua und im philiströsen Treiben der Metropole Basel nähert sich Friedrich Nietzsche, gesprochen von Santiago Ziesmer, der deutschen Stimme von SpongeBob, dem Leben an.
Oder den Menschen. Er hat viel zu geben, aber viel erwartet er auch. Und so schlägt er das Leben und die Menschen in die Flucht. Zwischen bösen Kopfwehattacken und heilloser Euphorie kommt der Hörer Nietzsche näher, als er das womöglich wollte.
So fern vom Leben
Regie: Johannes Mayr
Musik: Emil Teiger Band
Mit: Santiago Ziesmer, Elise Liechtenstern, Dirk Glodde, Anette Herbst u.

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"Dark America" Musik von Shilpa Ray, Stone Jack Jones & den Talking Heads
Mit Sabine Gietzelt

Dunkler Western, komplizierter Song, leichte Exzentrik - darum geht’s in dieser Sendung. Es ist schwül, die Stimmung ist nicht genau definiert, und Stone Jack Jones lädt uns ein auf die andere Seite in seinem privaten dunklen, längst vergangenen amerikanischen Westen. Wollen wir dahin? Oder wollen wir lieber zu Jim O´Rourke, diesem stillen Helden des Hintergrunds, der komplizierte Songs als simpel bezeichnet und das Komplizierte ganz einfach erscheinen lässt: Oder wollen wir lieber zu der leicht exzentrischen Dame Shilpa Ray mit ihrem Harmonium auf der Bühne und dem Mandrill auf dem Plattencover? Die Talking Heads haben diese Positionen schon in den 80ern vorgetanzt.
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Dark America

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"Panta Rei" Von Tiziana Bertoncini
Schön und blau soll sie sein, und akustisch verbinden wir mit der Donau seit Johann Strauss (Sohn) vor allem Dur-Dreiklänge im Dreivierteltakt. Doch es gibt auch andere Donau-Klanglandschaften.
Bei Tiziana Bertoncini trifft bedrohliches Motorenbrummen auf unheimliche Wassergeräusche und Kinderstimmen. Die italienische Geigerin und Medienkünstlerin kontrapunktiert Donau-Soundscapes mit Erkundungen der kriegerischen Geschichte der Donau-Städte Krems (Österreich) und Štúrovo (Slowakei). Pittoreske Panoramen als Schauplatz für SS-Massaker: In den Krems-Episoden ihres Donau-Hörbildes kontrastiert Bertoncini klaustrophobische Erlebnisse und angenehme Hörerfahrungen weiter Flusslandschaften. Weiter südöstlich fließt die Donau bei Štúrovo und Esztergom zwischen der Slowakei und Ungarn. Die Grundschulkinder, die Bertoncini in unterschiedlichen Schulen aufgenommen hat, spielen nicht miteinander. Sie sprechen verschiedene Sprachen und bekommen gegensätzliche Geschichtsbilder vermittelt. Nur in Bertoncinis Collage fließen ihre Stimmen zu einem imaginären Chor zusammen.

Tiziana Bertoncini, 1969 in Pisa, Italien geboren. Studium der Violine am Konservatorium in Siena und der Malerei an der Akademie der bildenden Künste in Carrara. Komponistin, Performerin und Multimedia-Künstlerin.
Panta Rei In Flac

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Zen ist die größte Lüge aller Zeiten
Werner Penzel/Ikue Mori/Fred Frith: Zen ist die größte Lüge aller Zeiten
Originaltonaufnahmen: Ayako Mogi
Zitate von Kodo Sawaki
Komposition: Ikue Mori/Fred Frith
Realisation: Werner Penzel
BR 2015
Der Filmemacher Werner Penzel verbrachte mehrere längere Aufenthalte in Antai-ji und ließ seine Erfahrungen und Beschäftigung mit Kodo Sawaki schließlich in ein Hörstück und in ein Filmprojekt münden. Er nähert sich diesem Ort gemeinsam mit den Musikern Fred Frith und Ikue Mori in freien Improvisationen, die – wie bei der Sitzmeditation Zazen – nur gelingen, wenn man beim Spielen stets aufmerksam bleibt und sich dem Risiko des Moments überlässt. Neben den teils lakonischen Texten des Zen Meisters Kodo Sawaki sind es vor allem die Tonaufnahmen aus Antai-ji, die ein Wechselspiel zwischen den verdichteten Geräuschfeldern Ikue Moris und dem behutsam aushorchenden Gitarrenspiel Fred Friths in Gang setzen.
Zen ist die größte Lüge aller Zeiten

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"The Blues Revisited" Musik von Blind Willie Johnson bis Bob Dylan
Mit Thomas Meinecke

Heute mit der sonischen Besichtigung eines Genres, das ein Vierteljahrhundert, ohne mit der Wimper zu zucken, Blues genannt werden durfte, heute jedoch hauptsächlich im Wiederveröffentlichungsgeschäft zu beglücken weiß. Beziehungsweise in Abwandlungen wie bei dem 29jährigen Blake Mills aus Kalifornien, und Swamp Dogg oder Precious Bryant aus dem verrückten Süden machen das Ganze bereits seit einem halben Jahrhundert. Weshalb der Rest der Stunde die Mehrheit bilden wird: Fantastische Wiederveröffentlichungen großer Aufnahmen aus den 1920ern bis in die 1980er Jahre. Stars wie Blind Willie Johnson sind ebenso dabei wie Dylans Aufnahme von "That's alright Mama", die er zusammen mit Johnny Cash eingespielt hat.
Playlist
The Blues Revisited

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