radiohörer - der blog für radiofans
Samstag, 11. Juli 2015
Selbstporträt oder Peinture de Sons ou Bien Tonmalerei
Hörstück von Luc Ferrari
Der Komponist Luc Ferrari vermerkt zu seinem Hörstück: "In meinen Arbeiten hat das 'Journal Intime' stets eine wichtige Rolle gespielt. Aber immer ging es mir auch darum, die aus empfindsamen Individuen bestehende Gesellschaft in die Porträtspiele mit einzubeziehen. Es kommt mir als Komponist darauf an, meiner sozialen Umgebung die größte Aufmerksamkeit zu widmen, weil man nur auf diese Weise der Gefahr der Selbstgefälligkeit und des Narzissmus entgeht. Diese mit Worten, Musiken, Geräuschen und Bildern komponierte Arbeit erschien mir wie eine Malerei, schon allein deshalb, weil ich die Zeit eher wie eine Oberfläche als wie einen Ablauf behandelte. Der Komposition liegt ein Zeitplan zugrunde, der so ausgearbeitet ist, dass Elemente, die nichts miteinander zu tun haben, plötzlich aufeinandertreffen. So entstehen neue, oft abstruse Sprachzusammenhänge, Musiken, die wie neu komponiert klingen und Geräuschmontagen, in denen die Anekdoten wie auf den Kopf gestellt wirken."
Luc Ferrari, (1919–2005), französischer Komponist, Klangkünstler und Hörspielmacher. Er gilt als Vertreter der musique concrète. Zahlreiche Auszeichnungen: u.a. Karl Sczuka-Preis (1971 und 1988).
Komposition und Realisation: Luc Ferrari
(Produktion: SWF 1997)
Selbstporträt oder Peinture de Sons ou Bien Tonmalerei In Flac

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szene [44]: London/Manchester
Experimentelle Musik aus London und Manchester im Studio Elektronische Musik.
Acid House, Breakbeat, Drum & Bass. Spätestens seit Ende der 1980er Jahre kamen aus den Metropolen Englands immer wieder neue Trends im Bereich der elektronischen U-Musik. Aber auch im experimentellen Sektor sind hier äußerst lebendige und vielschichtige Szenen zu beobachten. Eine Präsentation aktueller Stücke aus London und Manchester.

John Wall: Construction I: Stat–Unt–Dist und Construction III: Rumble–Hard–Abrupt
Christopher Bevan: Circum, Elektronische Komposition (2014)
Sam Salem: Dérive, Stereo acousmatic work (2013)
Danny Saul: Rise, Elektronische Komposition (2014)
London/Manchester In Flac
Moderation: Michael Rebhahn

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Der Verleger geht, der Dichter bleibt – Michael Krüger
Von Grace Yoon

"Mit 26 Buchstaben können wir Milliarden von Dingen machen. Aus diesen kleinen Dingern entsteht unser Blick auf die Welt. Wir fühlen, sehen, riechen, aber letztendlich sind es die Kombinationen dieser paar Buchstaben, die uns am Leben erhalten."
Die Geschwindigkeit zerstört unser Gedächtnis, sagt der 1943 geborene Michael Krüger und erzählt von den wichtigen Momenten im Leben, der Betrachtung der Natur, Lupinen, von Kindheitserinnerungen und dem "Homer der Kartoffel", Beckett und seiner Oma, dem Berlin der 60er Jahre, dem Radio, den Freunden und der Poesie unserer Zeit. Die melancholische Hoffnung des Dichters Michael Krüger gipfelt in der Verszeile: "Alles ist leicht zu verstehen, wenn man das Leben liebt."
Michael Krüger
Regie: Grace Yoon
Produktion: rbb 2015
Ursendung

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In memoriam: Harry Rowohlt, Übersetzer und "Pu der Bär"
Achim Bogdahn im Gespräch mit Harry Rowohlt, Übersetzer und "Pu der Bär"
Harry Rowohlt galt als einer der kompetentesten und begnadetsten Rezitatoren komischer Texte. Seine Lesungen waren legendär. Rowohlts Neuübersetzung und Präsentation von Winnie the Pooh machte seine Stimme in ganz Deutschland bekannt. Nun ist der Künstler nach langer Krankheit im Alter von 70 Jahren in Hamburg gestorben. "Eins zu Eins. Der Talk" wiederholt aus diesem Anlass ein Gespräch aus dem Jahr 2009 mit dem begnadeten Multitalent.
Schriftsteller und Rezitator
Trauer um Harry Rowohlt
Das Multitalent starb mit 70

Harry Rowohlt

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"Kühle Stimmungen" Vom Gitarristen Terje Rypdal bis zu Jakob Bro
Die Gitarristen Terje Rypdal und Jakob Bro verbindet ein besonderes Gespür für Melodie, Klangfarbe und Atmosphäre sowie die Zusammenarbeit mit dem Schlagzeuger Jon Christensen.
Als der norwegische Gitarrist Terje Rypdal 1971 in Deutschland seine erste LP unter eigenem Namen veröffentlichte, überraschte er nicht nur durch seine überzeugende Verbindung von Jazz und Rock. Sein Kennzeichen wurden die Klangfarbenmalereien, die viel auch von der für die skandinavische Musik so kennzeichnende kühle Stimmung spüren lassen. Er entwickelte seinen Stil zu großer Meisterschaft und ist seinem Spielideal, wenngleich er sich im Lauf der Jahrzehnte immer mehr vom Jazzrock entfernte, treu geblieben. Kühl in der Stimmung, dafür mit konkreten musikalischen Balladen setzt der Däne Jakob Bro vier Jahrzehnte später die Tradition der skandinavischen Jazz-Gitarristen fort.
Kühle Stimmungen In Flac

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Samstag, 4. Juli 2015
"Der Zorn der Welt" Neues aus dem Grenzgebiet zwischen Rock, Jazz und Elektronik.
Mit Harry Lachner

Natürlich haben nichts miteinander zu tun: Neil Young mit seinem zornigen neuen Album "The Monsanto Years", auf dem er gegen die degenerierten Auswüchse des Kapitalismus wütet; und John Zorns Neo-Exotica-Album "Pellucidar". Dennoch ergänzen sich beide: hier der real-politisch tönende Aktivismus, dort die Beschwörung einer Fantasy-Welt, die man gut und gerne als Gegenentwurf zur Wirklichkeit sehen (bzw. hören) kann. Zorns Rolle ist die eines Regisseurs: er schreibt das Drehbuch, stellt die Schauspieler zusammen, produziert das Ergebnis. Die Band Dreamers, die Zorns Kompositionen für dieses Album einspielte, ist nur eines seiner vielen aktuellen Ensembles. Jede dieser Bands realisiert eine andere Ästhetik. Von der Eingängigkeit der Dreamers bis zur Metal-Brachialität des Projekts "Moonchild". Zwischen diesen Extrempunkten siedelt sich ein weiteres neues Album von ihm an: "The Song Project Live At Le Poisson Rouge", dessen Besetzung fast mit den Dreamers identisch ist. Allerdings erweitert um Sänger wie etwa Mike Patton. Und hier erscheint die Musik von einer belebenden Härte aufgefrischt, die mit einer gezielten Raffinesse eingestreut ist. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis er sein 100. Album veröffentlicht. Damit würde Zorn dann mit Frank Zappa gleichziehen, dessen "Dance Me This" das letzte ist, an dem er zu Lebzeiten noch gearbeitet hat: In den Rausch der Synclavier-Klänge mischen sie Kehlkopfgesänge aus der Mongolei. Technik versus Archaik. Auch das ein Themenstrang, der sich durch diese Nachtsession ziehen wird. Etwa am Beispiel des Komponisten Hans Tutschku. Außerdem Neues von Automat, Refused und Charlie Hunter. Elektronik, Dub, Punk, Jazz - aber einfach war die Welt ja nie. Nicht einmal jene des fiktiven Kontinents Pellucidar.
Playlist
Der Zorn der Welt

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Donnerstag, 2. Juli 2015
"John Trudell & Band" Konzertmitschnitt vom 11. Januar 2000, Moments, Bremen
Der amerikanische Musiker John Trudell verknüpft Texte, die über sein Volk und seine eigene Geschichte geschrieben wurden, mit Musik. Er ist auch heute noch das Sprachrohr der "Native Americans". Im Januar 2000 gab er mit seiner Band ein beeindruckendes Konzert im Bremer Moments.
Als Dichter, Autor und Polit-Aktivist war der US-Amerikaner John Trudell bereits in den siebziger Jahren zu einer wichtigen Stimme der "Native Americans" geworden. So gewichtig, dass er ins Visier von Sicherheitsbehörden und Geheimdiensten geriet. Ermutigt durch engagierte Songwriter und Rock/Pop-Größen wie Jackson Browne begann der aufrechte Streiter indianischer Abstammung, Texte mit Musik zu verknüpfen.

Als Trudell, der auch als Schauspieler in diversen Kinofilmen spielte, mit seiner Band nach Bremen kam, waren schon einige Alben erschienen, auf denen seine musikalisch eingefassten Rezitationen fast Song-Charakter bekommen hatten. Auch Stil-Elemente indianischer Traditionen flossen in die Stücke ein.
Bis heute gilt Trudell als ein bedeutendes Sprachrohr der "Native Americans" in den Staaten – ein so poetisches wie politisch relevantes.
John Trudell & Band

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9. Jazzdor Strasbourg-Berlin: Roberto Negro "Loving Suite pour Birdy so"
Kesselhaus, Berlin
Aufzeichnung vom 03.06.2015

Roberto Negro, Klavier
Elise Caron, Gesang
Federico Casagrande, Gitarre
Theo Ceccaldi, Geige
Valentin Ceccaldi, Cello
Nicolas Bianco, Bass
Xavier Machault, Schlagzeug

Der Pianist und Komponist Roberto Negro stellt seine Liebes-Suite zum ersten Mal in Deutschland vor.
Roberto Negro "Loving Suite pour Birdy so"

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Doyle Lawson and Quicksilver
Haus der Kultur, Waldkraiburg
Aufzeichnung vom 17.05.2015

Doyle Lawson and Quicksilver:
Doyle Lawson - Mandoline, Gesang
Josh Swift - Resonatorgitarre, Gesang
Joe Dean - Banjo, Gesang
Dustin Pyrtle - Gitarre, Gesang
Eli Johnston - Bass, Gesang
Stephen Burwell - Violine, Gesang
Nur selten verirren sich Musiker wie Doyle Lawson nach Europa. Umso größer ist dann das Ereignis, wenn es doch einmal geschieht. Der Mann aus Ford Town in Tennessee hat nicht nur Bluegrassgeschichte geschrieben, er ist Bluegrassgeschichte. Seit mehr als 50 Jahren treibt er mit der Mandoline seine Band Quicksilver zu immer größeren Höhenflügen und viele der ehemaligen Bandmitglieder sind heute selbst gestandene Stars oder Leader eigener Bands - die Quicksilver-Schule des Bluegrass und deren Rektor hat sie geformt. Doyle Lawson selbst begann seine Karriere im Alter von elf Jahren - mit der Mandoline fing es an, Gitarre und Banjo folgten und mit 18 dann ein Job beim King of Bluegrass, Jimmy Martin. In den 70er-Jahren spielte er als Country Gentlemen und formte mit diesem Quartett den progressiven Bluegrass. 1979 folgte dann der Schritt zu Quicksilver, Doyles ureigenem Kind, mit dem er nun seine ganz persönlichen Vorstellungen von Bluegrass umsetzen konnte. Und der Erfolg gab und gibt ihm recht. Typisch für den Klang von Quicksilver sind der perfekte, enge Satzgesang, die Gospelharmonien gepaart mit einer ebenso perfekten Instrumentalbegleitung. Das ist schon beim Hören atemberaubend. Noch atemraubender aber, sieht man wie die Finger über die Bünde flitzen und das Plektrum die Saiten anreißt. Pünktlich zu seiner Blitztournee durch Deutschland hat der 70-Jährige mit seinen aktuellen Quicksilver-Schülern auch das Album 'In Session' veröffentlicht.
Doyle Lawson and Quicksilver

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"Wenn die Natur klingt" Das Ursprüngliche in der Musik des Posaunisten Nils Wogram
Von Jana Heinlein
Die Suche nach Natürlichkeit und die Besinnung auf das Elementare sind für Nils Wogram wichtig. Mit seinem Nostalgia Trio hat er vor Kurzem die CD 'Nature' veröffentlicht, deren Stücke alle durch Naturereignisse oder Naturorte inspiriert sind. Mit seinem Schaffen beschreitet Nils Wogram seit jeher ganz eigene Wege. Es ist vor allem geprägt durch die langjährige Zusammenarbeit mit seinen diversen Bands und einem tiefen Gespür für Persönlichkeiten und deren Entfaltungspotenzial in der Musik. In seinem Nostalgia Trio mit dem Hammondorganisten Arno Krijger und dem Schlagzeuger Dejan Terzic setzt der Posaunen-Virtuose zunehmend auf mitreißende, pulsierende Rhythmen und eingängige (aber niemals einfältige) Harmonien. Nils Wogram verbindet in seinen Kompositionen Tradition und Innovation, Melodiosität wie Fantasie - und genießt den Ruf eines der einflussreichsten Jazzmusiker Europas.
Nils Wogram

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