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Samstag, 13. Juni 2015
The Artist's Cut [02]: Florian Zwißler
Die zweite Begegnung zwischen einem Artist und einem Cutter führte Florian Zwißler ins Studio, wo er an einem Tag mehrere Tracks aufnahm und zusammen mit der Produzentin Katja Teubner edierte.
Zwißler reist als Synthesizer-Solist innerhalb verschiedener Formationen durchs inner- wie außereuropäische Ausland. Dabei hat er sich auf die Live-Arbeit mit analogen Synthesizersystemen spezialisiert und seine lang andauernde experimentelle Auseinandersetzung mit diesen überholt scheinenden Maschinen zu einer eigenen Form von musikalischer Aktion und Bühnenperformance transformiert.

Florian Zwißler: fünf freie Felder (2015) Ursendung
Florian Zwißler: fünf freie Felder

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"Past Present Future 2.6.2015"
Musik von Curtis Mayfield, Torres & Prinzhorn Dance School
Mit Roderich Fabian

Cineastisch geht es heute im Nachtmix zu: Das kanadische Trio Badbadnotgood erweckt akustisch den Blaxploitation-Film zu neuem Leben und erinnert an die Werke Curtis Mayfields. Die Sängerin Torres lässt mit ihren Songs manchmal die David-Lynch-Soundtracks wieder auferstehen, während das Brian Jonestown Massacre eher den europäischen Mafiafilm der 70er Jahre im Visier hat. Nur das minimalistische Trio Prinzhorn Dance School aus England orientiert sich eher musikalisch, zum Beispiel am Sound der frühen 80er, wie ihn die Young Marble Giants einst gepflegt haben.
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Past Present Future 2.6.2015

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Ein Berliner in Bhaktapur
Bhaktapur, Bisket Jatra, der Jahreswechesel von 2071 auf 2072 im hiesigen Kalender - wenige Tage vor dem großen Beben. Eine Woche lang werden Rituale für die Schutzgötter der Stadt gefeiert, in jeder Straße erklingt Musik.
Vor allem geht es darum, Bhairav, eine negative Erscheinungsform von Shiva, zu besänftigen. Der Hinduismus ist auch in Nepal kompliziert, sogar die Götter haben mindestens zwei Gesichter - Bhairav etwa 64. In allen Ausformungen aber ist er der Herr der Zerstörung. Dieses Jahr scheint es nicht gelungen zu sein, ihn gnädig zu stimmen. Eine Woche nach Abschluss von Bisket Jatra verwandelt das Erdbeben große Teile der Stadt, Wohnhäuser wie Tempel, in Schutthaufen. Rund 250 Menschen sterben in den Trümmern.

Die Protagonisten dieser Sendung sind unversehrt, wie unsere Autorin in Erfahrung bringen konnte, die Bhaktapur zum Neujahrsfest besucht hat. Mitgebracht hat sie Eindrücke und Klangbilder aus der Zeit vor der Katastrophe:

Ein umgebauter Tempel in der "Stadt der Fromme": die Music Academy of Bhaktapur. In den hölzernen Pavillons des idyllischen Gartens üben Studenten zwischen Schmetterlingen und Strelitzien. Doch kaum verlässt man das Gebäude durch die schön geschnitzte Tür, schlucken einen Dreck und Autolärm. Im Fluss baden wie eh und je Kinder und Schweine. Fabian Bakels, Schlagzeuger und Musikethnologe, hat in Bhaktapur seine zweite Heimat gefunden. Seit 2013 unterrichtet er an der Academy als Gastdozent. Hier lehrt auch der nepalesische Popstar Lochan Rijal. Die beiden ihrer Herkunft nach so unterschiedlichen Musiker verbindet inzwischen eine enge Freundschaft. In Bhaktapur erklingt Musik auch heute noch in ihren angestammten, stets rituellen Zusammenhängen.
Ein Berliner in Bhaktapur

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"The Moon Tapes" Von Stephan Krass und Ulrike Haage
In einem Raumschiff umrunden zwei Koala-Bären die Welt. Mit hoch aufgestellten Antennenohren lauschen sie den Gesängen der Lakonikerin, der Semantikerin und des Antipoden, die (unterstützt von ihren Chören) unten auf der Erde das hohe Lied von der Ankunft einer Raumkapsel anstimmen.
Lange haben die Koalas in ihrem Raumschiff den Gesang der Gestirne erforscht, die Moon-Tapes aufgenommen und in einer Kapsel in Richtung Erde geschickt. Als die Kapsel landet, entsteht ein Augenblick der absoluten Stille. In einem großen Finale feiern die Semantikerin, die Lakonikerin und der Antipode die Ankunft des Gedichts.
Komposition: Ulrike Haage
Mit: David Bennent, Bernhard Schütz, Ken Yamamoto und dem SWR Vokalensemble
The Moon Tape

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"Walk that sound" Hörstück von Lukatoyboy
Das Walkie Talkie ist vom Aussterben bedroht. Mobiltelefone und andere Drahtlosgeräte haben seine Funktion übernommen und drohen, ihm den Garaus zu machen. Dabei schlummern ungeahnte Qualitäten in den knisternden Kästchen. Anders als beim Telefon können jedem Sender beliebig viele Empfänger zuhören. Das ermöglicht die Kommunikation mit Unbekannten. Wir hören Geschichten, die sich in unserer unmittelbaren Umgebung abspielen, die aber dennoch klingen, als kämen sie aus einer anderen Welt.
Luka Ivanovic (alias Lukatoyboy), geboren 1981 in Belgrad, arbeitete zunächst als Journalist und Radioredakteur, ehe er begann, eigene künstlerische Projekte zu entwickeln. Er ist Gewinner der internationalen Ausschreibung »Ubiquitous Art and Sound«.
Realisation: Lukatoyboy
(Produktion: DLR/Goethe Institut/ CTM Festival/ICAS-ECAS 2014)
Walk that sound

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Mittwoch, 10. Juni 2015
"Out of Bavaria" Der Filmemacher Percy Adlon
Von Joana Ortmann
„Ich habe immer mehrere kleine Begabungen, die für eine große nicht reichen, gebündelt und daraus den Filmemacher zusammengesetzt“, sagt Percy Adlon im Rückblick auf seine bemerkenswerte Karriere. Mit 12 hat er zu singen begonnen, bis Stimmband-Probleme ihn stoppten. Mit 20 wollte er Schauspieler werden, kam aber über den jugendlichen Liebhaber nicht hinaus. Und dann? Entdeckte ihn der BR - erst als Sprecher und bald auch als Autor mit ganz eigener Handschrift. Über ein kleines Porträt der Dichterin Annette Kolb für das Bayerische Fernsehen kam er 1970 zum Dokumentarfilm, wenig später auch zum Spielfilm. An die 80 Geschichten hat er seither verfilmt. Am liebsten jene scheinbar normalen, alltäglichen Szenarien, in denen überraschend etwas passiert und wo sich dann - wie er es ausdrückt - „der ganze Boden so leicht hebt". Wenn sich z.B. eine Totengräberin in einen U-Bahn-Fahrer verliebt, nur wegen seiner Stimme, wie in „Zuckerbaby“ (1985). Oder eine Frau aus Bayern plötzlich allein in der Wüste Kaliforniens steht, wie in „Out of Rosenheim“ (1987). Ist es Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet dieser Kino-Welterfolg seinem am Starnberger See aufgewachsenen Regisseur ermöglichte, sich einen Traum zu erfüllen und nach Los Angeles zu ziehen? Dort lebt er bis heute, unser „Bayer in Hollywood“.
Eine Hommage zu seinem 80. Geburtstag.
Out of Bavaria

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"The Wood Brothers" Ein Lounge Konzert
Mit Karl Bruckmaier

Colorado, New York, Atlanta, Nashville: Go South, young man. Go East, young man. Aber wo sie auch hinzogen, in was für durchaus erfolgreichen Bands - wie Martin, Medeski & Wood - sie auch gespielt haben, die beiden Brüder Chris und Oliver Wood haben sich nie aus den Augen verloren - und zusammen mit Ehren-Bruder Jano Rix verlieren sie auch nicht aus den Ohren, wo sie musikalisch und kulturell herkommen: Blues, Folk, Rock. Dabei graben sie nicht nach Authentizität, sondern ihre Songs sind immer ein Reflektieren über die Historie der Lieder, die als Blaupause für das eigene Schaffen dienen. Modernisten also, in ihrem Tun der legendären BAND nicht unähnlich. Wir hören ihr Konzert aus dem BR-Studio 9.
The Wood Brothers

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"Out Of The Shadow" Ein Porträt des Trompeters Avishai Cohen
Unter dem plakativen Titel "The Trumpet Player" veröffentlichte Avishai Cohen im Jahr 2002 sein Debütalbum. Es zeichnet sich durch eine immense Spielfreude aus, die den Bezug zur Jazztradition herstellt und sie mit frischen eigenen Ideen verbindet. Dass es sich dabei um kein Strohfeuer handelte, sondern eher um eine Vorschau auf zukünftige Arbeiten, demonstrierte Cohen auf jeder seiner nachfolgenden Platten. Der in Tel Aviv geborene Musiker lebt und arbeitet in New York. Cohen schöpft aus verschiedenen musikalischen Quellen, die in seinem charakteristischen Trompeten-Sound mitschwingen. Melancholische Klezmer-Stimmungen werden von packenden Grooves nordafrikanischer Musik kontrastiert und münden in leidenschaftlich umgesetzte Improvisationen.
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Out Of The Shadow

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"Kol Beck" Von Roberto Paci Dalò
Zum 30. Todestag des Schriftstellers, Regisseurs, Schauspielers und politischen Aktivisten Julian Beck: Ein Trip in die Gedankenwelt des Mitbegründers des legendären "Living Theatre" von Roberto Paci Dalò.
Julian Becks richtungsweisendes radikales Theaterschaffen der 1950er und 60er ("The Connection", "The Brig", "In the Jungle of the Cities" und "Antigone") scheint heute fast vergessen, ebenso wie seine Teilnahme an den Maiunruhen 1968 in Paris oder der seinerzeit wegen Nacktszenen umstrittene "Paradise Now"-Auftritt im Berliner Sportpalast. Andererseits ist er bei Freunden des Horrorkinos wegen seiner Rolle in "Poltergeist" noch immer populär. Ausgehend von Interview-Aufnahmen, in denen sich Julian Beck, über seine zentralen Themen – Anarchie, Freiheit und Macht – äußert, entwirft Paci Dalò ein akustisches Porträt, das fragmentiert, elektronisch bearbeitet und in Streichquartett-Texturen eingebettet wird.
Kol Beck
Roberto Paci Dalò wurde 1962 in Rimini geboren. Komponist, Performer, Filmregisseur und bildender Künstler. Seit 1985 Leiter der von ihm gegründeten Giardini Pensili, einer Gesellschaft für die darstellenden Künste. Künstlerische Leitung des Kunst- und Ausstellungsraums Velvet Factory in Rimini. Zahlreiche Theater- und Musiktheaterstücke, Hörspiele sowie Film- und Videoarbeiten unter anderen mit Olga Neuwirth, Fred Frith, Scanner, Giorgio Agamben, Philip Jeck und Terry Riley.

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"Northern Soul, Southern Soul" Musik von Pops Staples bis Azealia Banks
Mit Thomas Meinecke

Heute mit einem Schwung extravaganter Schallplatten aus dem Sektor des US-amerikanischen R&B, von denen die aktuelle EP von Shafiq Husain mit ihrem deepen Neo Soul längst im Mainstream angekommen ist. Ansonsten gibt es schwarze forschende Musik von Afrikan Sciences und Melvin van Peebles mit den Heliocentrics zu hören, idiosynkratischen Southern Soul von Swamp Dogg, mit Pops Staples und George Clinton zwei sehr unterschiedliche Klassiker und den Sound von Heute mit Azealia Banks und Kendrick Lamar.
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Northern Soul, Southern Soul

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