radiohörer - der blog für radiofans
Dienstag, 12. Mai 2015
The Artist's Corner: "Ben Patterson Lost Tape"
Realisation: Ben Patterson & Friends
(hr 2014) - Ursendung -
Als der amerikanische Kontrabassist Ben Patterson, gerade 26 Jahre alt, am 14. Juni 1960 in Köln ankommt, hat er auch ein Tonband dabei mit seiner ersten elektronischen Komposition. Diese will er unbedingt Karlheinz Stockhausen zeigen. Doch schon bei ihrem ersten Treffen verstehen sich die beiden auf Anhieb nicht. Das Tape gerät in Vergessenheit. Patterson wird 1962 Fluxist – mit heutigem Wohnort Wiesbaden, der Wiege von Fluxus. Vor einigen Monaten machte er sich nochmals auf die Suche nach dem elektronischen Stück, nach dem Tonband. Er konnte es nicht mehr finden; aber er hat es für „The Artist’s Corner“ rekonstruiert.
Ben Patterson Lost Tape

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"Mama - eine Aufholjagd" Musik von Sufjan Stevens bis Laura Marling
Mit Karl Bruckmaier

Eigentlich wollte ich in diesem Nachtmix zu einer Aufholjagd in Sachen Must-Hear-in-2015 ansetzen, da ich durch diverse Hörspieljobs vom Aktualitätenzug ein wenig abgehängt worden bin. Doch dann kristallisierte sich während des Durchhörens all der neuen LPs von Sufjan Stevens bis Alabama Shakes etwas heraus als Thema, das sich am besten "Der neue Mann" oder "Whimp revisited" nennen lässt - weiche Musik, knallhart dargeboten. Und abgeschmeckt mit diversen Müttern - denn deren Nazi-Festtag ist ja auch nicht mehr fern. Mit Songs von Laura Marling, Mavis Staples und The Unthanks.
Playlist
Mama - eine Aufholjagd

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Der Pianist Chick Corea
Der Echo Jazz feiert alljährlich herausragende Tonträger aus dem Bereich der improvisierten Musik. Mit seinem "Portraits"-Album sicherte sich in diesem Jahr mit Chick Corea einer der populärsten Stars des Jazz den Preis in der Kategorie "Instrumentalist des Jahres international/Piano".
Die Deutsche Phono-Akademie, das Kulturinstitut des Bundesverbandes Musikindustrie, zeichnet Musiker für einen aktuellen Tonträger aus. Im Falle Chick Coreas ist es die solo eingespielte Doppel-CD "Portraits": eine lustvolle Verneigung vor Bill Evans, Thelonious Monk und Bud Powell, vor Komponisten wie Alexander Skrjabin und Bela Bartók, dazu eine Neuauflage seiner "Children’s Songs" und improvisatorische Städteporträts. Der Zusammenschnitt mehrerer Konzerte folgt der Dramaturgie seiner jüngsten Solo-Auftritte: Im ersten Teil stellt sich der Pianist als Interpret vor, im zweiten Teil als Urheber eigener Stücke. WDR 3 Jazz stellt das preisgekrönte "Portraits"-Album vor und lässt den Preisträger zu Worte kommen.
Chick Corea In Flac

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Krieg der Welten 2050
Von Malgorzata Zerwe und David Zane Mairowitz

Ein Szenario: Wie sieht der Krieg der Zukunft aus? Welche Mächte bekämpfen sich mit welchen Waffen? Die Zukunftsforscher George Friedman und Karlheinz Steinmüller stellen Thesen auf, flankiert von den historischen Visionen des Schriftstellers Stanislaw Lem. Gemeinsam erzählen sie eine Weltkriegsgeschichte, die morgen wahr sein könnte.
Ist das vorstellbar - ein "weltraumbasierter" Krieg zwischen den Achsen Türkei - Japan und Polen - USA? Oder gar ein Krieg im Cyberspace, wo man den Angreifer gar nicht identifizieren kann? Oder der Kampf mit geheimen Waffen, die niemand von unschuldigen Naturphänomenen unterscheiden kann? Am Ende werden die synthetischen Insekten entscheiden, schrieb Stanislaw Lem in seiner Abhandlung über "Waffensysteme des 21. Jahrhunderts". Und die Prognosen der Gegenwart nicken ihm zu.
Mit Bibiana Beglau und Thomas Thieme
Musik: Dominic Muldowney
Krieg der Welten 2050

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"Eccentric Love Songs" Musik von Prince bis Hannah Cohen
Mit Thomas Meinecke

Auch wenn die Liebe ein Lieblingsthema für Songwriter ist, stechen doch manchmal Songs heraus, die sich dem Thema auf spezielle Art widmen. Hier sollen einige davon vorgestellt werden, vom extrovertierten Prince über den nachdenklichen D’Angelo, von der düsteren Hannah Cohen bis zur abrechnenden Björk, die auf ihrem jüngsten Album die Trennung von Matthew Barney verarbeitet.
Playlist
Eccentric Love Songs

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ORSON WELLES Ein Puzzle
Von Thomas von Steinaecker
"Rosebud!": Es ist eines der großen Rätsel der Filmgeschichte, das letzte Wort des Tycoons Citizen Kane in jenem Film, der regelmäßig an erster Stelle genannt wird, wenn es um Kinoranglisten geht. Zum 100. Geburtstag begibt sich der Schriftsteller Thomas von Steinaecker wie der Reporter in Citizen Kane auf die Suche nach den Puzzlesteinchen, deren Gesamtbild das Rätsel Welles erklären könnten.
Worin liegt überhaupt das Bahnbrechende an Welles’ Hörspielen und Filmen, die heute ein bedeutungsvolles Raunen umgibt? Ist es gerade jene Masse an Filmschnipseln unrealisierter Projekte, in denen das beispiellos schöpferische Kraftwerk, aber auch die Tragik Orson Welles sichtbar wird?
Ein biografisches Puzzlespiel mit Stefan Drößler, Senta Berger, Alexander Kluge, Christoph Hochhäusler, Bert Rebhandl, Paul Plamper u.a.
Orson Welles
Regie: Claudia Kattanek
Produktion: DLF 2015

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Montag, 11. Mai 2015
"Hymnische Feier des Moments" Der Pianist Keith Jarrett
Von Günther Huesmann
Mit seinen ebenso hymnischen wie groovenden Melodien hat er Generationen von Pianisten in seinen Bann gezogen. Nur wenige vermögen den Flügel so "singen" zu lassen wie Keith Jarrett. Fast im Alleingang hat er Anfang der 1970er-Jahre mit seinen Improvisations-Solokonzerten eine ganze Gattung durchgesetzt. Dabei steht Jarrett idealtypisch für den "universalen" Spontan-Erfinder. Elemente aus Klassik, Jazz, Weltmusik, Gospel, Free und Rock verflechten sich in seinen Linien zu vielfältigen und differenzierten neuen Formen.
"The Köln Concert", Keith Jarretts Soloalbum aus dem Jahre 1975, hat weit über den Kreis der Spezialisten hinaus ein Millionenpublikum begeistert. Was den Pianisten nicht daran hinderte sich über diese Platte geringschätzig zu äußern. Sie gehöre zum Schlechtesten, was er je eingespielt habe. Man möge sämtliche Editionen dieses Albums bitte einstampfen. Diesem Wunsch hat der Plattenproduzent Manfred Eicher nicht entsprochen: Das "Köln Concert" ist mit 3,5 Millionen verkauften Exemplaren die bis heute erfolgreichste Klavier-Soloplatte.
Anlässlich Jarretts 70. Geburtstags bringen wir in der vierstündigen Sendung einen Panoramablick über Jarretts faszinierendes Œuvre: von seinen epochalen Solo-Konzerten und gefeierten Klassik-Einspielungen über seine Trioarbeit, mit der er im Genre der Piano-Trios neue Wegmarken setzte, bis hin zu seinen legendären Quartett-Aufnahmen mit Jan Garbarek und Dewey Redman. Dabei gehörte Bescheidenheit noch nie zu den besonderen Qualitäten von Keith Jarrett. Er sagt: "Von allen Jazzern kann ich Melodie am besten."
Playlist
Hymnische Feier des Moments In Flac
Hymnische Feier des Moments In MP3

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"Penguin Cafe Orchestra" Konzertmitschnitt vom 2. Oktober 1985, Parkhotel, Bremen
Der britische Komponist und Gitarrist Simon Jeffes gründete das Orchester nach einem Urlaub in Frankreich. Akustische Instrumente kamen überwiegend zum Einsatz. Die Formation fand immer mehr Anhänger und Konzertliebhaber. Wir senden einen Ausschnitt aus ihrem Auftritt im Oktober 1985 im Bremer Parkhotel.
Das Penguin Cafe hatte der englische Komponist und Multiinstrumentalist Simon Jeffes in den frühen siebziger Jahren eröffnet. Jeffes wollte einen Ort schaffen, in dem unbeschwert musiziert werden kann, in dem gängige Regeln des Musikbetriebs, ob Klassik oder Pop, keine Bedeutung haben. Im "Penguin Cafe Orchestra" kamen vorwiegend akustische Instrumente zum Einsatz. Außerdem experimentierte Jeffes mit Klängen aus dem Alltag, etwa dem Freizeichen eines Telefons, das ihn zu einem Stück inspirierte. Aus dem Kollektiv wurde über die Jahre ein Ensemble mit einem festen Besetzungskern.

Der anheimelnde, fast folkloristisch anmutende Charme und die spielerische Form der Stücke fanden ein wachsendes Publikum, so dass Jeffes und Gruppe zunehmend international unterwegs waren. Simon Jeffes starb 1997 an einem Gehirntumor. Vor einigen Jahren hat sein Sohn Arthur ein neues Penguin Cafe ins Leben gerufen, mit dem er an die musikalische Tradition seines Vaters anknüpft.
Penguin Cafe Orchestra

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Samstag, 9. Mai 2015
"Wüstensand im All"
Neues aus dem Grenzgebiet zwischen Rock, Jazz und Elektronik
Mit Harry Lachner

Melancholie im Wüstensand: So präsentiert sich die Band Giant Sand auf ihrem neuen Album; während andere den Blick in kosmische Weiten lenken. Zum Beispiel das schwedische Duo Death and Vanilla, die sich ausgiebig einer fast nostalgischen Liebe zu den Space-Klängen der sechziger Jahre hingeben. Allerdings mit sympathischer List und gebotener Ironie - diesem kleinen "Nein" in einem großen "Ja". Eine Widerständigkeit also, die sich tarnt, die allzu großer Ernsthaftigkeit auch ein "als ob" entgegensetzt. Nicht unbedingt ein Fake, eher ein Spiel mit Regeln, Erwartungen und Haltungen, die leise in Frage gestellt werden. Dieser Art künstlerischer und sozialer Regelhaftigkeit, der bequemen Akzeptanz der Dinge setzen Stepmother dann einen Humor der schwarzen Sorte entgegen: Sarkasmus leichtgemacht. Eine Einübung in Respektlosigkeit und das Prinzip des Anarchischen. Auch hier dient der Humor wieder als großes Regulativ, um eine slogan-getragene Einfachheit zu vermeiden. Wobei das Einfache, aus musikalischer Warte betrachtet, ja auch nicht das Erstrebenswerte ist. Und das Erkenntnisreichste schon gar nicht.
Playlist
Wüstensand im All

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Freitag, 8. Mai 2015
"Mick Flannery & Band" "By the Rule"-Tour 2015
Mau-Club, Rostock
Aufzeichnung vom 18.03.2015
Mick Flannery & Band
Als Mick Flannerys viertes Studioalbum 'By The Rule' im vergangenen Jahr auf Anhieb die irischen Charts toppte, ahnte noch niemand, dass der irische Singer/Songwriter die dazugehörige Clubtour aus privaten Gründen absagen musste. Umso erfreulicher für seine Fans, dass Flannery die Tour im März dieses Jahres nachholen konnte. Denn seit seinem Debütalbum 'Evening Train' (2007) hat sich der 1983 geborene Musiker mit seinen feinsinnigen, melancholischen Liedern national wie international eine feste Fangemeinde erspielt. Dabei lehnt sich Mick Flannery ästhetisch an seine großen Vorbilder Tom Waits, Leonard Cohen und Kurt Cobain an. Und die tiefe Verehrung für Johnny Cash hatte den damaligen Studenten und Newcomer 2004 ins Country-Mekka nach Nashville/Tennessee zum International Songwriting Competition geführt. Dass er den renommierten Wettbewerb in zwei Kategorien als erster irischer Künstler überhaupt gewann (in der Jury saß auch Tom Waits!), gilt als Startschuss der beeindruckenden Karriere Mick Flannerys. Elf Jahre und vier Soloalben später prägt der inzwischen vielfach preisgekrönte Musiker zusammen mit Kollegen wie Glen Hansard oder James Vincent McMorrow eine neue, jüngere Generation bedeutender irischer Singer/Songwriter.

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