radiohörer - der blog für radiofans
Mittwoch, 11. März 2015
"Die Jazz-Baroness" Ein Porträt der Mäzenin und Muse Nica de Koenigswarte
Nica de Koenigswarter war eine höchst schillernde Erscheinung: Aufgewachsen als superreiche Rothschild-Tochter in England, dann Pilotin, verheiratet in Frankreich, Kriegsheldin in Afrika, Diplomatengattin in Mexiko, Mutter von fünf Kindern und Eheflüchtling, wurde sie schließlich die wichtigste Gönnerin der New Yorker Jazzszene. Eine begüterte weiße Frau unter schwarzen, oft armen und drogensüchtigen Musikern.
Sie gewährte ihnen Unterschlupf in ihrem Hotelzimmer und lud sie ein, dort Jam Sessions abzuhalten. Zum Dank verewigten sie sich in einem Gästebuch, in das sie ihre drei größten Wünsche eintragen sollten. Jahrzehnte später wurde es als faszinierender Bildband veröffentlicht. Waren Musiker in Schwierigkeiten, ließ Nica de Koenigswarter ihren Bentley vorfahren, um sie aufzulesen. Charlie Parker starb in ihrer Suite. Thelonious Monk verbrachte die letzten neun Jahre seines Lebens in ihrem Haus. Unter den Musikern genoss die "Jazz-Baroness", wie sie genannt wurde, Verehrung. Zahlreiche ihr gewidmete Kompositionen künden davon. "Nica's Dream" von Horace Silver und "Pannonica" von Thelonious Monk wurden die bekanntesten davon. 1988 starb die Mäzenin im Alter von 74 Jahren in New York. WDR 3 Jazz erzählt ihre spannende Geschichte.
Die Jazz-Baroness

link

Mittwoch, 11. März 2015
"Zwielicht am Abgrund" Eine Lange Nacht über Bösewichte und Verführer
Von Markus Metz und Georg Seeßlen
Regie: Rita Höhne

Das Böse, sagt man, sei immer und überall. Das ist natürlich nur die halbe Wahrheit, denn wenn es immer und überall wäre, dann würde man es als solches ja gar nicht mehr erkennen. Das Böse ist wesentlich geschickter: Es erscheint am liebsten dort, wo man es nicht erwartet, und es zeigt sich - jedenfalls zu Beginn - nicht in seiner hässlichen und gewalttätigen, sondern oft in liebenswürdiger und verführerischer Gestalt. Eine kleine Geschichte der Bösewichte von den Anfängen in Mythos und Religion über Kunst und Unterhaltung bis hin zu Politik und Alltag fragt nach den großen Paradigmenwechseln: Vom Magischen zum Realen. Vom Natürlichen zum Gesellschaftlichen. Vom Organischen zum Mechanischen. Wie werden 'Ur-Bilder' des Bösen immer wieder mit aktuellen ideologischen, politischen und kulturellen Elementen aufgeladen? Sind Bösewichte wirklich Teil der Kraft, die das Böse will und das Gute schafft? Was macht die Faszination des Bösen aus, und warum sind Bösewichter immer interessanter als Helden? Die 'Lange Nacht' zeigt die hundertundeine Masken der verführerischen Bösewichte auf und versucht, zum gewordenen, des 'leibhaftigen' Bösen vorzudringen.
Zwielicht am Abgrund
weiter lesen...

link

Klaviermusik von Erik Satie mit Aldo Ciccolini, Pascal Rogé, Katia und Marielle Labèque
Der 1866 in der Normandie geborene Komponist Erik Satie zählt zu den Mitbegründern von Futurismus, Surrealismus, Dadaismus und Happening und – zusammen mit Marcel Duchamp – zu den Erzvätern der Pop-, Minimal und Conceptual Art. Zeitlebens hat er den Un-Sinn kultiviert und durch bizarres Verhalten belustigt und schockiert.
Franzose mit schottischen Wurzeln
Jean Cocteau hat über den französischen Komponisten Erik Satie einmal geschrieben:
"Erik Satie war unbeschreiblich. Das heißt, dass er sich einfach nicht beschreiben lässt. Von Vaters Seite stammte er aus Honfleur, mütterlicherseits aus Schottland. Honfleur vererbte ihm den Stil der Geschichten von Alphonse Allais, Geschichten voll verborgener Poesie und ohne jede Ähnlichkeit mit den landläufigen witzlosen Anekdoten.
Dem schottischen Erbe verdankte er eine gravitätische Exzentrizität. Er sah aus wie ein Beamter mit Spitzbart, Zwicker, Regenschirm und steifem Hut. Von Natur aus egoistisch, unnachgiebig, fanatisch, lehnte er alles ab, was nicht seinem Dogma entsprach, und raste wutschnaubend wider alles, was ihn davon abbringen wollte. Er war egoistisch, denn er dachte nur an seine Musik. Und seine Musik war voll Zärtlichkeit. Also war auch er es auf seine Art."
Erik Satie

link

Harry Partch: "Delusion of the Fury", Musiktheater in 2 Akten (!!!)
Eine Produktion der Ruhrtriennale in Koproduktion mit Ensemble musikFabrik
Pilger (Der Mörder): Alban Wesly
Geist (Der Erschlagene): Bruce Collings
Sohn des Erschlagenen: Carl Rosman
Der taube Landstreicher / Die Stimme: Marco Blaauw
Die alte Ziegenhirtin: Christine Chapman
Der taube und kurzsichtige Friedensrichter: Axel Porath
Der Musiker: Melvin Poore
Das Zicklein: Rie Watanabe
Die Dorfbewohner: Ensemble musikFabrik
Regie: Heiner Goebbels
Harry Partch: "Delusion of the Fury" In Flac
Harry Partch (1901 - 1974) war ein kreativer Außenseiter der Musik. 1923 definierte er sich und seine Kunst vollkommen neu, indem er ein auf Naturtönen basierendes System erfand. Bald begann er für seine neue, grenzenlose Tonalität angemessene Musikinstrumente zu erfinden bzw. zu bauen. In jahrelanger Arbeit haben sich die Mitglieder des Ensemble musikFabrik die Spielweise dieses auch optisch (nämlich als Klangskulpturen) aus dem Rahmen fallenden Instrumentariums angeeignet, um damit "Delusion of the Fury" bei der Ruhrtriennale 2013 zu realisieren. Spiritus rector des Unternehmens war Heiner Goebbels, der seinerzeit nicht nur die Ruhrtriennale verantwortete, sondern dieses "Musiktheater Ritual" von 1966 auch inszenierte. Er hat die gesamte Postproduktion der Aufnahme begleitet und so Schnitt und Mischung seinen Stempel aufgedrückt. Eine authentische Hörfunkfassung ist entstanden, zu erleben ist ein kultisches, über weite Strecken percussives Klangtheater. Die Harmonik und die damit verbundenen Gesten sind eigenwillig. Auch das Sujet geht eigene Wege: Irgendwo zwischen Landstraße, Kirche und Tempel ist ein Paradigma über Leben, Schicksal und Gerechtigkeit angesiedelt.

link

Loungekonzert Live mit Dizzy Errol, 4Shades und Das Weiße Pferd
Mit Karl Bruckmaier

In Münchens Untergrund rumpelt und scheppert es zurzeit ganz herzallerliebst. Im Loungekonzert baut der Nachtmix einen Tunnel in dieser Gegenwelt zu Gentrifizierung, Schickimicki und Bussibussi: Mit Das Weiße Pferd, Dizzy Errol und 4Shades kommt etwas anarchisches Licht in diesenTunnel - auch das ist München, auch das ist bayerische Popmusik.
Playlist
Live mit Dizzy Errol, 4Shades und Das Weiße Pferd

link

"Steckt in jedem von uns ein Folterer?" Zur Psychologie des Bösen
Von Friedrich Pohlmann
Es ist ein weitverbreiteter Irrtum anzunehmen, nur Menschen mit einer sadistischen Charakterstruktur seien zum systematischen Quälen anderer fähig.
Es gibt zwei große sozialpsychologische Experimente, die mit erschreckender Deutlichkeit demonstrieren, unter welchen situationellen Bedingungen ganz normale Menschen zu Peinigern werden können: das schon klassische Milgram-Experiment und das weniger bekannte Stanford-Prison-Experiment. Die Ergebnisse sind von hoher anthropologischer Relevanz und ermöglichen vertiefte Einblicke in die Psychologie absoluter Machtverhältnisse.
swr2-essay-20150209 (pdf, 166 KB) Manuskript
Steckt in jedem von uns ein Folterer?

link

Blue Monday 9.2.2015 Musik von Burial bis Curtis Harding
Mit Ralf Summer

N.E.R.D. war das Projekt von Pharrell Williams mit Produktions-Buddy Chad Hugo - das gut gelaunte "Squeeze Me", das sie für den neuen Sponge Bob-Film aufnahmen, ist das erste gemeinsame Lebenszeichen seit fünf Jahren. Einen neuen Song gibt es auch von Burial aus London - der Dubstep-Pionier geht auf "Temple Sleeper" erstmals Richtung Dancefloor. Elderbrook dagegen ist ein neues Ein-Mann-Projekt aus London, das gerade seine erste EP im Netz veröffentlichte und nach Alt-J / The XX klingt. Außerdem dabei: Curtis Harding, Africa Express, Other Lives, Mark Ronson.
Playlist
Blue Monday 9.2.2015

link

Nitai Hershkovits Piano Solo
Aufnahme vom 16.1.15 aus dem Beethovenhaus Bonn
Von Harald Rehmann

Die Improvisationsszene Israels dringt immer nachhaltiger ins Bewusstsein des internationalen Jazzpublikums - und das ist nicht zuletzt ein Verdienst des Bassisten Avishai Cohen. Seine Trios hat er stets mit grandiosen Pianisten bestückt. Aktuell fasziniert dort ein Mittzwanziger aus Tel Aviv namens Nitai Hershkovits. Er nutzt das Handwerkszeug seiner klassischen Ausbildung ebenso wie Erfahrungen mit der Jazztradition, um eigene kreative Wege zu gehen, die von imposanter Spieltechnik ebenso geprägt sind wie von motivischem Ideenreichtum und einer geradezu schwelgerischen Improvisationsfantasie. Dass Nitai Hershkovits sich dabei des einen oder anderen Versatzstücks seiner heimatlichen Musikkultur bedient, sorgt für exotische Pastelltöne im reichen, aber nie überladenen Klangbild seiner Soloauftritte.
Nitai Hershkovits Piano Solo

link

"Das Ohr der Welt in Meiers Garten" Eine Annäherung an den Schriftsteller Gerhard Meier
Von Janko Hanushevsky
Regie: der Autor
Komposition und akustische Einrichtung: Merzouga
Mit: Stefko Hanushevsky und Matthias Ponnier
Produktion: DLF 2015
(Ursendung)
Er habe "ein ganz gewöhnliches Verhältnis" zur Poesie, so der Schriftsteller Gerhard Meier, "ohne Pathos, ohne Forciertheiten". Darüber sei er "glücklich, denn die Sterne machen auch kein Aufhebens von ihrem Kreisen, und die Maßliebchen wachsen, ohne dass es Geschrei gibt dabei." Von berühmten Kollegen mit Lob bedacht und mit zahlreichen renommierten Preisen ausgezeichnet, ist das Werk des Schweizer Schriftstellers Gerhard Meier wenige Jahre nach seinem Tod bereits ein wenig in Vergessenheit geraten. Im Gespräch mit dem Literaturwissenschaftler Werner Morlang, einem langjährigen Freund Meiers, sowie in der Begegnung mit Meiers Enkeltochter Christina und nicht zuletzt mit Meiers Handschrift sucht der Autor eine Annäherung an den großen, bescheidenen Schriftsteller, der zeitlebens in dem Schweizer Dorf Niederbipp wohnte, in dem er geboren wurde und in dem alle seine Romane angesiedelt sind.
Das Ohr der Welt in Meiers Garten
Janko Hanushevsky ist Musiker und Radioautor. Seine Radiosendungen wurden mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Zuletzt "INSIDE QIVITTOQ" (DLF/NDR/RBB 2013) sowie die Klangkomposition "Rootless" (DKultur 2012).

link

Montag, 9. März 2015
"Keston Cobblers Club" Konzertmitschnitt vom 19. Januar 2015, Moments, Bremen
Die Geschwister Matthew und Julia Lowe
Ein Club von Schustern? Statt Schuhwerk zu flicken, sorgt der "Keston Cobblers Club" dafür, dass die Sohlen abgewetzt werden. Hinter dem rustikalen Namen steckt ein junger, quirliger Folkpop-Fünfer aus dem Großraum London. Im Club dominieren akustische Instrumente. Das können neben Gitarren, Ukulele, Mandoline und Percussion auch Akkordeon, Trompete und eine Tuba(!) sein. Die Songs, allesamt aus eigener Feder, haben beschwingtes, augenzwinkerndes Pop-Flair, sind auch mal versonnen oder sentimental.
Gegründet wurde der "Keston Cobblers Club" vor sechs Jahren von den Geschwistern Matthew und Julia Lowe. Keston, ihre Heimat, ist ein Vorort im Südosten Londons: ein eher beschaulicher Flecken mit Parks, Flüsschen und Windmühlen. Matt und Jules wurden früh von dem Folk-Engagement ihrer Eltern angesteckt. Die Idee zur eigenen Gruppe hatte Matt, damals noch keine 20. Die Geschwister schrieben Songs und rekrutierten Freunde und Freundinnen.

Hinreißende Musik
Bei der Namensfindung stießen sie auf die alte Geschichte eines Schusters aus Keston, der sich im Pub mit seiner Fiddle den Frust vom Leib spielte, Gleichgesinnte fand und die Menschen damit zum Tanzen brachte – was ihm neue Kunden mit durchtanzten Schuhen bescherte. Die Lowe-Geschwister verfuhren von Beginn an nach dem "Do it yourself"-Prinzip. Sie brachten Singles, EPs und vor zwei Jahren das erste Album raus – allesamt liebevoll gestaltet bis hin zum kleinen Bastelbogen. Live führen sie eine fünfköpfige Band, die merklich Spaß an den Abenteuern in der bunten Popwelt hat.
Keston Cobblers Club

link