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Samstag, 17. September 2016
„Schreie zum Himmel“ – John Coltrane zum 90. Geburtstag

Mit Karl Lippegaus

Die Zeitreise setzt im Jahr 1955 ein, als sich das Schicksal für den noch unbekannten John Coltrane endlich zum Positiven wendet. Er hat im Jahr davor seine zukünftige erste Frau Naima kennengelernt, die seinem Leben eine dringend benötigte Stabilität gibt.
Das neue Jahr ist auch das erste, in dem er aus dem Schatten des unterbezahlten Sidemans heraus findet und eine Plattenkarriere beginnt. Diese ersten Alben sind aber nur die eine, sichtbare Seite. Es gilt auch die unsichtbare andere Seite des Planeten Coltrane zu erkunden: seine Reisen, die nach einer Dekade des Herumirrens endlich konkrete Formen, mit Club- und Konzertauftritten, annehmen.

Erstmal sind auch diese ersten acht Monate des Jahres 1955 wie eine weitere endlose Wanderung durch die Wüste der Arbeitslosigkeit. Doch dann kommt die Wende: Im September hat John einige Jobs mit dem Organisten Jimmy Smith in Atlantic City und daheim in Philadelphia. Nur wenige Tage später, am 27. September spielt der Saxofonist zum ersten Mal mit dem fast gleichaltrigen, jedoch ungleich bekannteren Miles Davis. Von nun an geht’s bergauf.

„Diese frühen Platten mit Miles sind mir peinlich. Warum wollte er mich haben? Keine Ahnung. Vielleicht hörte er was, das er ausbaufähig fand.“

Karl Lippegaus, der Autor einer vielbeachteten Biografie über John Coltrane, die Ende 2011 erschienen ist, stellt in dieser fünfstündigen Radionacht viele Raritäten vor, die zum größten Teil erst viele Jahre nach Coltranes plötzlichem Tod 1967 mit nur vierzig Jahren erschienen sind.

© Text: Karl Lippegaus

Playlist
dlf radionacht jazz 170916 coltrane neue playlist (docx, 30 KB)
„Schreie zum Himmel“ – John Coltrane zum 90. Geburtstag Teil 1
„Schreie zum Himmel“ – John Coltrane zum 90. Geburtstag Teil 2
„Schreie zum Himmel“ – John Coltrane zum 90. Geburtstag Teil 3
„Schreie zum Himmel“ – John Coltrane zum 90. Geburtstag Teil 4
„Schreie zum Himmel“ – John Coltrane zum 90. Geburtstag Teil 5

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Donnerstag, 1. September 2016
Verwischte Spuren ONJ - Das französische Orchestre National de Jazz
Von Karl Lippegaus

Ein Gremium wählt alle Jahre wieder einen Bandleader, der sich sein Wunschorchester zusammenstellt. Die Idee des auf Initiative vom früheren französischen Kulturminister Jack Lang gegründeten Orchestre National de Jazz erweist sich seit nunmehr 20 Jahren als Bereicherung für den Jazz in Europa. Irritierend war und ist eigentlich immer nur der Name. Ein nationales Jazz-Orchester? Wenn es eine Musik gibt, die vor nationalen Grenzen nicht haltmacht, ist es gerade der Jazz und seine Tugend, der ständigen Erneuerung. Der Name ist zwar geblieben, steht aber häufig in Klammern und hinter dem von den Künstlern bevorzugten Kurztitel ONJ. Dessen aktuelle Version leitet der Gitarrist Olivier Benoit, dessen Nominierung in Frankreich nicht nur auf Beifall stieß: Benoits schillernder Background in Avantgarde-Rock, Noise und Neuer Musik rief erstmal die Puristen auf den Plan; einige befürchteten, das ONJ werde den geraden Pfad der Jazztugenden verlassen. Dass solche Ängste unbegründet waren, beweisen die ersten beiden Alben, die das Orchestre National mit Olivier Benoit veröffentlicht hat. Die zehn Musiker um Olivier Benoit zeigen, dass es ihnen primär darum geht, ins Innere ihres Großensembles zu lauschen und eine eigene Sprache zu entwickeln. Dass kreative Unruhe in der Musik eine starke positive Kollektivkraft aus einem einzigen Ton entwickeln kann, gehört zu den stärksten Höreindrücken.
ONJ

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26. Rudolstadt-Festival: Element of Crime
26. Rudolstadt-Festival
Heine-Park, Aufzeichnung vom 07.07.2016

Element of Crime sind zum ersten Mal in Rudolstadt. Obwohl - das stimmt nicht so ganz. In einem Festzelt dort drehten sie die Schlussszene des Weimar-Tatorts 'Der irre Iwan'. Nun kehrte die Band um Sven Regener nicht nur in das kleine Saalestädtchen zurück, sie eröffnete sogar das 26. Rudolstadt-Festival. Seit 1985 sind Sven Regener und seine Kollegen in Sachen anspruchsvolle Songs unterwegs und haben mit ihrer feinsinnigen Alltagspoesie voller Melancholie, Ironie und Tiefsinn das Literarische in der Popmusik kultiviert. Bei Haupttexter Sven Regener, der auch als Schriftsteller und Drehbuchautor bekannt wurde, "verschmelzen Sound, Sprachwitz und Sprachgroove zu einem höchst eigenen Stil", schrieb die Jury des diesjährigen Musikautorenpreises dem 55-Jährigen ins Stammbuch. Mit ihren eingängigen Liedern, die sich vehement dem Mainstream verweigern und die so gemacht sind, dass sie eigentlich keinen gutwilligen Zuhörer verprellen (sollten), sind Element of Crime längst schon Kult. Kein Wunder also, wenn das Rudolstadt-Festival die Band als Deutschlands führende Liedermacher-Kultkapelle eingeladen hatte.
Element of Crime

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Samstag, 20. August 2016
Radionacht Klanghorizonte vom 20.8.2016
Neuland Teil 1
1) Scott Walker: Childhood Of A Leader
2) Sinikka Langeland: The Magical Forest
3) Ian William Craig: Centres
4) Kacirek & Klein: Selekt 03
5) Tigran Hamasyan: Atmospheres
Neuland Teil 1

Neuland Teil 2
6) Pierre Favre: Drum Sights
7) Throws: Throws
8) Sten Urheim: Strandebarm
9) Darren Hayman: Thankful Villages Vol. 1
10) Mats Eilertsen: Rubicon
11) Dominique Pifarely: Trace Provisoire
Neuland Teil 2

Nahaufnahme: Parallelen des Außergewöhnlichen: ECM anno 1976 und 2016
12) Barre Phillips: Mountainscapes /// 13) Arild Andersen: Clouds In My Head /// 14) John Abercrombie – Ralph Towner: Sargasso Sea /// 15) Jan Garbarek-Bobo Stenson Quartet: Dansere /// 16) Abercrombie – DeJohnette – Holland: Gateway //////////// 17) Jakob Bro: Streams /// 18) Glauco Venier: Miniatures /// 19) Tord Gustavsen: What Is Said /// 20) Rolf Lislevand: La Mascarade /// 21) Jon Balke: Warp
ECM anno 1976 und 2016

Zeitreise: Verwandlungen zwischen Folk und Jazz. Joni Mitchell
22) Joni Mitchell: Court And Spark
23) Joni Mitchell: Hejira
24) Joni Mitchell: Don Juan’s Reckless Daughter
25) Joni Mitchell: Mingus
26) Joni Mitchell: The Hissing Of Summer Lawns
Joni Mitchell

Zeitreise: Verwandlungen zwischen Folk und Jazz. Joni Mitchell und Van Morrison in den Siebzigern
+ Special
27) Van Morrison: It’s Too Late To Stop Now II, III & IV
28) Soul Jazz Records presents: Studio One Dub Fire Special
29) (surprise track) Michael Kiwanuka: Love & Hate (the coffeine song for earlybirds)
Van Morrison + Special

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Radionacht Klanghorizonte vom 20.8.2016
Hallo zusammen !
Ich bin momentan in Deutschland unterwegs...
Die Klanghorizonte werden mitgeschnitten und Online gestellt.
Allerdings kann ich nicht genau sagen, wann das genau sein wird. Bitte etwas Geduld.
Gruß radiohoerer

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Sonntag, 14. August 2016
"Un Poco Loco + "Roberto Negro & Théo Ceccaldi" Live 10. Jazzdor Strasbourg-Berlin
10. Jazzdor Strasbourg-Berlin
Kesselhaus, Berlin
Aufzeichnung vom 03.06.2016

Un Poco Loco
Fidel Fourneyron, Posaune
Geoffroy Gesser, Saxofon, Klarinette
Sébastien Bellah, Bass

Roberto Negro & Théo Ceccaldi
"Danse de Salon" (Deutschlandpremiere)
Roberto Negro, Klavier
Théo Ceccaldi, Geige
Un Poco Loco & Roberto Negro & Théo Ceccaldi

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"Glen Hansard" Live 26. Rudolstadt-Festival
26. Rudolstadt-Festival
Heine-Park, Aufzeichnung vom 10.07.2016

Einst ein Straßenmusiker, gründete er 1990 die Indie-Rockband „The Frames“ und machte im Folkduo „The Swel Season“ Weltkarriere: Glen Hansard.
Der irische Sänger, Gitarrist und Songschreiber steht mit „The Frames“ für tanzbaren, anspruchsvollen Indierock. Ein vielseitig talentierter Musiker, dessen weltweite Popularität allerdings einem Film geschuldet ist. „Once“ heißt der irische Independent-Streifen, den Regisseur und Ex-Frames-Bassgitarrist John Carney 2005 drehte und in dem Hansard neben der jungen, damals noch gänzlich unbekannten tschechischen Pianistin Markéta Irglová die Hauptrolle spielte. Eine romantische Liebesgeschichte ohne Happy End, dafür mit einem Song, der um die Welt ging: „Falling Slowly“. Ein Hit, der 2008 mit einem Oscar ausgezeichnet wurde - geschrieben und gesungen von Glen Hansard und Markéta Irglová. Als „The Swell Season“ machten sie mit wunderbaren Folksongs weiter, brachten bislang zwei Alben heraus und begannen zusätzlich an ihren Solokarrieren zu basteln. Der 46jährige Glen Hansard veröffentlichte bislang vier Soloalben und bestritt am Sonntagabend im Heine-Park mit seiner zehnköpfigen Begleitband das Abschlusskonzert des diesjährigen Rudolstadt-Festivals.
Glen Hansard

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"Kaleidoskop der Klänge" Der Saxofonist Hayden Chisholm und sein neues Werk "Cusp of Oblivion"
Von Odilo Clausnitzer
Andere könnten so ihr Lebenswerk zusammenfassen. Für den Saxofonisten Hayden Chisholm ist ›Cusp Of Oblivion‹ schon die zweite 13 CDs enthaltende Box, die er innerhalb weniger Jahre veröffentlicht hat. Die Mammutedition belegt, dass sich der 41-Jährige zurzeit auf dem Gipfel seiner kreativen Kräfte befindet. Mehr geht nicht - darauf deutet der Titel seiner CD-Box: 'Am Rande des Abgrundes'. Der in Neuseeland geborene Weltbürger Chisholm gilt als einer der wichtigsten und interessantesten Musiker der zeitgenössischen Szene. In Deutschland wurde er vor allem durch seine Mitgliedschaft in Nils Wograms internationalem Quartett Root 70 bekannt. Sein charakteristisch zarter und hochkultivierter Altsaxofon-Ton macht ihn in den unterschiedlichen Kontexten leicht identifizierbar. 'Cusp of Oblivion' enthält Aufnahmen in Besetzungen vom unbegleiteten Solo bis zur Big Band. Das stilistische Spektrum reicht von freier Klangimprovisation bis zu traditionellem Big-Band-Swing, von der musikalisch-rezitatorischen James Joyce-Adaption bis zu Standards in Hammond-Orgel-Begleitung - ein Kaleidoskop der Klänge. Allein vier der 13 CD-Produktionen sind im Deutschlandfunk Kammermusiksaal entstanden. Auf ihnen wird ein Schwerpunkt liegen, wenn Chisholm im Gespräch sein Werk erläutert.
Hayden Chisholm

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"Freigeister mit Groove" Porträt des Trios Rusconi
Von Thomas Loewner
Seit mehr als zehn Jahren arbeitet das Schweizer Trio Rusconi in seiner aktuellen Besetzung zusammen - mit dem Pianisten Stefan Rusconi, dem Bassisten Fabian Gisler und Claudio Strüby am Schlagzeug. Vom klassischen Jazz-Pianotrio hat sich die Band allerdings im Laufe der Jahre meilenweit entfernt. Die Lust am Experimentieren mit Klängen hat dazu geführt, dass Rusconi ihr Soundspektrum zunehmend erweitert haben: Elektronik, Tonbänder und E-Gitarre gehören inzwischen ebenso zum Instrumentarium der Band. Weit gefächert ist auch das stilistische Spektrum. Als Einflüsse nennen Rusconi Musiker unterschiedlichster Genres - von Oscar Peterson und Miles Davis über Richard Strauss bis hin zu den Sex Pistols, Sonic Youth oder Flying Lotus. Melodie trifft bei Rusconi auf Noise, Struktur auf freie Form, kurzum: Das Trio entzieht sich jeder Eingrenzung. Dazu passt, dass Rusconi vor einiger Zeit den Vertrag mit einer großen Plattenfirma aufgekündigt haben und ihre Musik seitdem über ein eigenes Label vertreiben.
Trio Rusconi

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"Jazz, Rock und alles dazwischen" Porträt des Gitarristen Philipp Brämswig
Von Odilo Clausnitzer
Lange war er ausschließlich einer der begehrten Sidemen der Kölner Szene, nun hat er sein Debüt unter eigenem Namen veröffentlicht: der Gitarrist Philipp Brämswig. Anfänglich faszinierte ihn die Energie von Heavy Metal; im Laufe seiner Lehrjahre hat er sich in Richtung eines komplexen Modern Jazz entwickelt. Seine große Bandbreite zwischen krachendem Groove und verwinkelten Beboplinien deckt er unter anderem als Begleiter von Sängerinnen, als Big-Band-Mitglied (Subway Jazz Orchestra) und im gemeinsamen Quartett mit dem Saxofonisten Stefan Karl Schmid ab. Im eigenen Trio bündelt er seine Kompetenzen.
Die im Deutschlandfunk Kammermusiksaal mit Bassist Florian Rynkowski und Schlagzeuger Fabian Arends aufgenommene CD 'Molecular Soul' bietet im weitesten Sinne Jazzrock in einer zeitgenössischen Spielart, mit unwiderstehlichen Grooves, langen Solobögen, aber auch filigranem Ensemblespiel und atmosphärischen Texturen. Ein Debüt nach Maß.
Philipp Brämswig

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